Erweiterte Diagnostik bei neuromuskulären Erkrankungen: vom Genpanel zum Whole Genome Sequencing
Muskeln und Nerven bilden eine essentielle funktionelle Einheit für den Bewegungsapparat. Neuromuskuläre Erkrankungen lassen sich unterteilen in Krankheiten, denen ein muskuläres Problem zu Grunde liegt, wie zum Beispiel Muskeldystrophien (Muskeldystrophie Duchenne, DMD) und Myopathien (Myofibrillär...
Main Author: | |
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Format: | Doctoral Thesis |
Language: | deu |
Published: |
2019
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Subjects: | |
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Neuromuskuläre Krankheit Mensch Molekulargenetik ddc:616 |
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Neuromuskuläre Krankheit Mensch Molekulargenetik ddc:616 Zaum, Ann-Kathrin Erweiterte Diagnostik bei neuromuskulären Erkrankungen: vom Genpanel zum Whole Genome Sequencing |
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Muskeln und Nerven bilden eine essentielle funktionelle Einheit für den Bewegungsapparat. Neuromuskuläre Erkrankungen lassen sich unterteilen in Krankheiten, denen ein muskuläres Problem zu Grunde liegt, wie zum Beispiel Muskeldystrophien (Muskeldystrophie Duchenne, DMD) und Myopathien (Myofibrilläre Myopathie, MFM), und in Erkrankungen aufgrund von Nervenschädigungen, wie zum Beispiel Neuropathien und spastische Paraplegien (SPG).
In den vier Teilen der vorliegenden Arbeit konnte sowohl das genetische wie auch das phänotypische Spektrum von neuromuskulären Krankheiten erweitert werden. Die dafür verwendeten Methoden reichen von der Sanger-Sequenzierung einzelner Gene über Next-Generation Sequencing (NGS)-Panel-Diagnostik, zu Whole Exome Sequencing (WES) und schließlich zu Whole Genome Sequencing (WGS). Zusätzlich wurde cDNA zur Detektion von Veränderungen im Transkriptom sequenziert.
Im ersten Teil wurde der klinische Phänotyp der Seipinopathien erweitert, der jetzt auch amyotrophe Lateralsklerose (ALS) und multifokale motorische Neuropathie (MMN) beinhaltet. Dafür wurde eine Panel-Analyse durchgeführt, die eine bekannte Mutation in BSCL2 aufdeckte. Aufgrund des hiermit erweiterten Phänotyps der Seipinopathien sollten Mutationen in BSCL2 auch bei anderen Verdachtsdiagnosen, wie ALS oder MMN, berücksichtigt werden. Außerdem wurde gezeigt, dass in der Diagnostik SPGs und Charcot-Marie-Tooth Erkrankungen (CMTs) eine Überlappung zeigen und bei der Diagnose von Verdachtsfällen Gene aus beiden Krankheitsbereichen berücksichtigt werden sollten. Die Suche mit Hilfe eines Phänotyp-Filters hat sich dabei als erfolgreich erwiesen. Ungelöste Fälle sollten aber in regelmäßigen Abständen neu analysiert werden, da immer neue Gene mit den Phänotypen assoziiert werden.
Der zweite Teil befasst sich mit der Untersuchung von DMD-Patienten mit bisher ungeklärtem Genotyp. Durch eine RNA-Analyse des gesamten DMD-Transkripts wurden tief-intronische Mutationen aufgedeckt, die Einfluss auf das Spleißen haben. Durch diese Mutationen wurden intronische Sequenzen als Pseudoexons in die mRNA eingefügt. Diese Mutationsart scheint häufig unter ungeklärten DMD-Fällen zu sein, in unserer Kohorte von 5 DMD-Patienten wurden in zwei Fällen Pseudoexons entdeckt. Eine Besonderheit besteht darin, dass in der RNA-Analyse immer noch ein Rest Wildtyp-Transkript vorhanden war, wodurch die Patienten vermutlich einen milderen Becker-Phänotyp aufweisen. Ein weiterer ungeklärter DMD-Fall konnte durch die Sequenzierung der gesamten genomischen Sequenz aufgeklärt werden. Es wurde eine perizentrische Inversion entdeckt (46,Y,inv(X)(p21.1q13.3). Dies zeigt, dass WGS auch zur Detektion von großen Strukturvariationen geeignet ist.
Im dritten Teil wurden Spleißmutationen untersucht. Spleißmutationen wurden bisher nicht in TMEM5-assoziierter alpha-Dystroglykanopathie beschrieben und somit als neue Mutationsart für diese Erkrankung nachgewiesen. Dabei wurde auch die funktionelle Exostosin-Domäne in TMEM5 bestätigt. Eine RNA-Untersuchung verschiedener Spleißmutationen zeigte, dass Spleißmutationen häufig zu einem veränderten Transkript führen, auch wenn diese Mutationen weiter von der Konsensussequenz entfernt sind. Spleißmutation sollten daher häufiger in der Diagnostik berücksichtig und überprüft werden.
Im letzten Teil wurde eine strukturierte Diagnostik von MFM-Patienten beschrieben und neue Kandidaten-Gene für MFM vorgestellt. Es ist zu vermuten, dass auch Mutationen in Genen, die bisher für Kardiomyopathien, Kollagen Typ VI-Myopathien und Neuropathien beschrieben sind, einen MFM-Phänotyp verursachen können. Diese Ergebnisse erweitern das genetische Spektrum der MFM, was sich auf die Diagnostik dieser Erkrankungen auswirken sollte.
Im Laufe dieser Arbeit konnten damit die neuromuskulären Erkrankungen vieler Patienten genetisch geklärt werden. Neue Phänotypen und genetische Ursachen wurden beschrieben und es wurde gezeigt, dass sich WGS technisch für die Diagnostik, auch zur Detektion von großen Strukturvarianten, eignet. === Muscles and nerves form an essential functional unit for the locomotor system. Neuromuscular disorders are divided in diseases that have a muscular origin, such as muscular dystrophies (Duchenne muscular dystrophy, DMD) and myopathies (myofibrillar myopathies, MFM) and diseases based on neuron denervation, for instance neuropathies and spastic paraplegias (SPG).
The four parts of the present work expand the genetic and phenotypic spectrum of neuromuscular disorders. The used methods range from Sanger sequencing of single genes to panel next-generation sequencing (NGS) diagnostics, whole exome sequencing (WES) and finally to whole genome sequencing (WGS). Additionally, cDNA was sequenced to detect transcriptome changes.
In the first part, the clinical phenotype of seipinopathies has been expanded to include amyotrophic lateral sclerosis (ALS) and multifocal motor neuropathy (MMN). An NGS panel was sequenced in three patients suffering from ALS, MMN and neuropathy. A known mutation in BSCL2 was detected which expands the phenotype of seipinopathies. Therefore, mutations in BSCL2 should be considered in patients with diagnosis such as ALS and MMN. Moreover, it was demonstrated that SPGs and Charcot-Marie-Tooth disease (CMT) show a genetic overlap and genes of both diseases should be considered in genetic analysis. The use of a phenotype filter for variant analysis was successful. However, unsolved cases should be re-analysed in intervals, as new genes are frequently connected to phenotypes.
The second part concerns DMD patients with unresolved genotype. RNA-analysis of the whole DMD transcripts revealed deep-intronic variants that influence splicing and insert intronic sequences as pseudoexons in the mRNA. This kind of mutation appears to be common, as two of our five analysed patients had pseudoexons. What is particular about these cases is the fact that a rest of wild type DMD transcript remained, which possibly contributes to a milder Becker phenotype in the patients. In another unsolved DMD case WGS was performed and a pericentric inversion including DMD was discovered (46,Y,inv(X)(p21.1q13.3), which demonstrates that WGS is capable of detecting large structural anomalies.
In the third part splice mutations were analysed. Splice mutations were unknown for TMEM5-related alpha-dystroglycanopathy and are now a new kind of mutation in this disease. At the same time the functional exostosin domain in TMEM5 was confirmed. RNA analysis of further splice mutations showed a frequent influence on splicing even if the mutation was far from the canonical splice site. Therefore, splice mutations should be verified and considered in diagnostics more often.
The last part describes a structured approach when diagnosing MFM patients and introduces new candidate genes for MFM. It appears that mutations in genes formerly associated with cardiomyopathies, collagen type VI-related myopathies and neuropathies can cause an MFM phenotype. These results expand the genetic spectrum of MFM which should be considered in diagnostics.
In the course of this dissertation the neuromuscular diseases of many patients could be solved genetically. New phenotypes and genotypes were described and it was proven that WGS is technically suitable for genetic diagnostic, even for the detection of large structural variants. |
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Zaum, Ann-Kathrin |
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Die dafür verwendeten Methoden reichen von der Sanger-Sequenzierung einzelner Gene über Next-Generation Sequencing (NGS)-Panel-Diagnostik, zu Whole Exome Sequencing (WES) und schließlich zu Whole Genome Sequencing (WGS). Zusätzlich wurde cDNA zur Detektion von Veränderungen im Transkriptom sequenziert. Im ersten Teil wurde der klinische Phänotyp der Seipinopathien erweitert, der jetzt auch amyotrophe Lateralsklerose (ALS) und multifokale motorische Neuropathie (MMN) beinhaltet. Dafür wurde eine Panel-Analyse durchgeführt, die eine bekannte Mutation in BSCL2 aufdeckte. Aufgrund des hiermit erweiterten Phänotyps der Seipinopathien sollten Mutationen in BSCL2 auch bei anderen Verdachtsdiagnosen, wie ALS oder MMN, berücksichtigt werden. Außerdem wurde gezeigt, dass in der Diagnostik SPGs und Charcot-Marie-Tooth Erkrankungen (CMTs) eine Überlappung zeigen und bei der Diagnose von Verdachtsfällen Gene aus beiden Krankheitsbereichen berücksichtigt werden sollten. Die Suche mit Hilfe eines Phänotyp-Filters hat sich dabei als erfolgreich erwiesen. Ungelöste Fälle sollten aber in regelmäßigen Abständen neu analysiert werden, da immer neue Gene mit den Phänotypen assoziiert werden. Der zweite Teil befasst sich mit der Untersuchung von DMD-Patienten mit bisher ungeklärtem Genotyp. Durch eine RNA-Analyse des gesamten DMD-Transkripts wurden tief-intronische Mutationen aufgedeckt, die Einfluss auf das Spleißen haben. Durch diese Mutationen wurden intronische Sequenzen als Pseudoexons in die mRNA eingefügt. Diese Mutationsart scheint häufig unter ungeklärten DMD-Fällen zu sein, in unserer Kohorte von 5 DMD-Patienten wurden in zwei Fällen Pseudoexons entdeckt. Eine Besonderheit besteht darin, dass in der RNA-Analyse immer noch ein Rest Wildtyp-Transkript vorhanden war, wodurch die Patienten vermutlich einen milderen Becker-Phänotyp aufweisen. Ein weiterer ungeklärter DMD-Fall konnte durch die Sequenzierung der gesamten genomischen Sequenz aufgeklärt werden. Es wurde eine perizentrische Inversion entdeckt (46,Y,inv(X)(p21.1q13.3). Dies zeigt, dass WGS auch zur Detektion von großen Strukturvariationen geeignet ist. Im dritten Teil wurden Spleißmutationen untersucht. Spleißmutationen wurden bisher nicht in TMEM5-assoziierter alpha-Dystroglykanopathie beschrieben und somit als neue Mutationsart für diese Erkrankung nachgewiesen. Dabei wurde auch die funktionelle Exostosin-Domäne in TMEM5 bestätigt. Eine RNA-Untersuchung verschiedener Spleißmutationen zeigte, dass Spleißmutationen häufig zu einem veränderten Transkript führen, auch wenn diese Mutationen weiter von der Konsensussequenz entfernt sind. Spleißmutation sollten daher häufiger in der Diagnostik berücksichtig und überprüft werden. Im letzten Teil wurde eine strukturierte Diagnostik von MFM-Patienten beschrieben und neue Kandidaten-Gene für MFM vorgestellt. Es ist zu vermuten, dass auch Mutationen in Genen, die bisher für Kardiomyopathien, Kollagen Typ VI-Myopathien und Neuropathien beschrieben sind, einen MFM-Phänotyp verursachen können. Diese Ergebnisse erweitern das genetische Spektrum der MFM, was sich auf die Diagnostik dieser Erkrankungen auswirken sollte. Im Laufe dieser Arbeit konnten damit die neuromuskulären Erkrankungen vieler Patienten genetisch geklärt werden. Neue Phänotypen und genetische Ursachen wurden beschrieben und es wurde gezeigt, dass sich WGS technisch für die Diagnostik, auch zur Detektion von großen Strukturvarianten, eignet. Muscles and nerves form an essential functional unit for the locomotor system. Neuromuscular disorders are divided in diseases that have a muscular origin, such as muscular dystrophies (Duchenne muscular dystrophy, DMD) and myopathies (myofibrillar myopathies, MFM) and diseases based on neuron denervation, for instance neuropathies and spastic paraplegias (SPG). The four parts of the present work expand the genetic and phenotypic spectrum of neuromuscular disorders. The used methods range from Sanger sequencing of single genes to panel next-generation sequencing (NGS) diagnostics, whole exome sequencing (WES) and finally to whole genome sequencing (WGS). Additionally, cDNA was sequenced to detect transcriptome changes. In the first part, the clinical phenotype of seipinopathies has been expanded to include amyotrophic lateral sclerosis (ALS) and multifocal motor neuropathy (MMN). An NGS panel was sequenced in three patients suffering from ALS, MMN and neuropathy. A known mutation in BSCL2 was detected which expands the phenotype of seipinopathies. Therefore, mutations in BSCL2 should be considered in patients with diagnosis such as ALS and MMN. Moreover, it was demonstrated that SPGs and Charcot-Marie-Tooth disease (CMT) show a genetic overlap and genes of both diseases should be considered in genetic analysis. The use of a phenotype filter for variant analysis was successful. However, unsolved cases should be re-analysed in intervals, as new genes are frequently connected to phenotypes. The second part concerns DMD patients with unresolved genotype. RNA-analysis of the whole DMD transcripts revealed deep-intronic variants that influence splicing and insert intronic sequences as pseudoexons in the mRNA. This kind of mutation appears to be common, as two of our five analysed patients had pseudoexons. What is particular about these cases is the fact that a rest of wild type DMD transcript remained, which possibly contributes to a milder Becker phenotype in the patients. In another unsolved DMD case WGS was performed and a pericentric inversion including DMD was discovered (46,Y,inv(X)(p21.1q13.3), which demonstrates that WGS is capable of detecting large structural anomalies. In the third part splice mutations were analysed. Splice mutations were unknown for TMEM5-related alpha-dystroglycanopathy and are now a new kind of mutation in this disease. At the same time the functional exostosin domain in TMEM5 was confirmed. RNA analysis of further splice mutations showed a frequent influence on splicing even if the mutation was far from the canonical splice site. Therefore, splice mutations should be verified and considered in diagnostics more often. The last part describes a structured approach when diagnosing MFM patients and introduces new candidate genes for MFM. It appears that mutations in genes formerly associated with cardiomyopathies, collagen type VI-related myopathies and neuropathies can cause an MFM phenotype. These results expand the genetic spectrum of MFM which should be considered in diagnostics. In the course of this dissertation the neuromuscular diseases of many patients could be solved genetically. New phenotypes and genotypes were described and it was proven that WGS is technically suitable for genetic diagnostic, even for the detection of large structural variants. 2019 doctoralthesis doc-type:doctoralThesis application/pdf https://opus.bibliothek.uni-wuerzburg.de/frontdoor/index/index/docId/17631 urn:nbn:de:bvb:20-opus-176314 https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bvb:20-opus-176314 https://opus.bibliothek.uni-wuerzburg.de/files/17631/Zaum_Ann-Kathrin_Dissertation.pdf deu https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/deed.de info:eu-repo/semantics/openAccess |