Unterschiedliche Gehirnaktivierungsmuster bei psychiatrischen Patienten - eine Untersuchung mit funktioneller Nahinfrarotspektroskopie

Viele Patienten, die an Schizophrenie erkrankt sind, zeigen dauerhafte Einschränkungen in sozial-kommunikativen und sozial-kognitiven Kompetenzen. Dies führt oft zu sozialem Rückzug, erschwert alltägliche zwischenmenschliche Interaktion und mindert die Lebensqualität der Patienten deutlich. Jene Ein...

Full description

Bibliographic Details
Main Author: Schölles, Kristina Joana
Format: Doctoral Thesis
Language:deu
Published: 2015
Subjects:
Online Access:https://opus.bibliothek.uni-wuerzburg.de/frontdoor/index/index/docId/13873
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:20-opus-138737
https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bvb:20-opus-138737
https://opus.bibliothek.uni-wuerzburg.de/files/13873/Dissertation_Schoelles_Kristina_Joana.pdf
Description
Summary:Viele Patienten, die an Schizophrenie erkrankt sind, zeigen dauerhafte Einschränkungen in sozial-kommunikativen und sozial-kognitiven Kompetenzen. Dies führt oft zu sozialem Rückzug, erschwert alltägliche zwischenmenschliche Interaktion und mindert die Lebensqualität der Patienten deutlich. Jene Einschränkungen sind bei Patienten mit Negativsymptomatik oder chronischen Zuständen besonders ausgeprägt und könnten einer Minderaktivierung im Spiegelneuronensystem unterliegen. Ziel dieser Studie war es, Korrelate von Defiziten in der sozialen Interaktion bei schizophrenen Patienten mit überwiegender Negativsymptomatik im Gegensatz zu gesunden Kontrollpersonen auf verschiedenen Ebenen darzustellen. Hierfür wurde die Fähigkeit zur sozialen Kognition anhand zweier verschiedener psychologischer Testverfahren erhoben und zudem die Gehirnaktivierung während alltagsähnlicher sozialer Interaktion mittels funktioneller Nahinfrarotspektroskopie gemessen. Es konnte gezeigt werden, dass schizophrene Patienten mit vorherrschender Negativsymptomatik unter größeren Beeinträchtigungen zumindest in Teilaspekten von sozialer Kognition leiden als gesunde Kontrollpersonen. Hierbei steht Negativsymptomatik in Zusammenhang mit einer schlechteren Leistung im „Reading Mind in the Eyes Test“, was als „Undermentalizing“ angesehen werden kann. In Bezug auf die neurophysiologischen Messungen von Gehirnaktivität während alltagsähnlicher sozialer Interaktion konnte in der gesunden Kontrollgruppe eine fronto-temporo-parietale Aktivierung festgestellt werden. Hierbei steht insbesondere die Aktivität im Bereich des linken inferioren Parietallappens in Übereinstimmung mit den Ergebnissen zweier vorangegangener Studien (Egetemeir et al. 2011; Herrmann et al. 2015). In der Gruppe der schizophrenen Patienten dieser Studie jedoch zeigte sich keine während „Joint action“ spezifische Aktivität in temporo-parietalen Gehirnregionen. Ebenso war die Gehirnaktivität in den klassischen Spiegelneuronenarealen bei den Patienten im Vergleich zur Kontrollgruppe vermindert. Stattdessen kam es in der Patientengruppe zu einer erhöhten präfrontalen Gehirnaktivierung. Diese verschiedenartige Aktivierungsstrategie bei „Joint action“ kann als kompensatorische Gehirnaktivität interpretiert werden, die es den Patienten ermöglicht, soziale Interaktion erfolgreich zu bewältigen. Falls etwa die entscheidende Rolle während der Bewältigung der vorliegenden „Joint action“-Aufgabe in der Vermittlung visuell-räumlicher Aufmerksamkeitsprozesse durch den inferioren Parietallappen liegt (Herrmann et al. 2015), ist denkbar, dass diese Fähigkeit durch kompensatorische Vorgänge im präfrontalen Kortex übernommen werden kann. Da die Patienten dieser Studie zumeist seit längerer Zeit oder in chronisch residualem Zustand an Schizophrenie mit Negativsymptomatik litten, liegt es nahe, dass sich die kompensatorischen Strategien im Laufe der Zeit durch das alltägliche Leben ausreichend etablieren konnten. Die verminderte Aktivität in Spiegelneuronenarealen innerhalb der Patientengruppe untermauert das Konzept zur Krankheitsentstehung der Schizophrenie von Mehta und Kollegen, welches besagt, dass Gene und Umweltfaktoren ein möglicherweise angeboren defektes Spiegelneuronensystem beeinflussen, wobei erniedrigte Spiegelneuronenaktivität mit Defiziten in sozial kognitiven Einschränkungen und Negativsymptomatik einhergehe (Mehta et al. 2014a). Diese Zusammenhänge können jedoch im Rahmen dieser Studie lediglich vermutet und nicht objektiviert werden. Durch die vorliegende Untersuchung konnte festgestellt werden, dass schizophrene Patienten mit Negativsymptomatik andere neuronale Strategien während alltagsähnlicher sozialer Interaktion nutzen als gesunde Personen, was einen weiteren Einblick in die neurobiologischen Grundlagen der Erkrankung erlaubt. === Many schizophrenic patients show impairments in social cognitive skills especially those with negative symptoms. Often this leads to social withdrawal, aggravates every day social interaction and reduces the quality of life of the patients. Several of these aspects could underlie a deficit in the mirror neuron system (MNS). In the present study different aspects of social interaction were investigated and compared between 16 schizophrenic patients and 17 healthy controls. Therefore, the ability of social cognition was tested by two different neuropsychological tests. In addition to that, functional brain activity including activation of the MNS was measured by functional near-infrared spectroscopy (fNIRS) during a real-life joint action task. This joint action paradigm was published before and led to a consistent activation of the left inferior parietal lobe (IPL) in healthy subjects (Egetemeir et al. 2011; Herrmann et al. 2015). The results show that schizophrenic patients with predominant negative symptoms use different clusters of neural activity during social interaction. By group contrast it could be shown that healthy participants had a significant higher activation in temporo-parietal regions than the patients who showed higher activation in prefrontal areas. Furthermore MNS activity was less in the patient than in the control group. Regarding social cognition patients performed worse in the “Reading the Mind in the Eyes Test”. But despite possible partial impairments in social cognition or dysfunctional brain regions it could be shown that schizophrenic patients are able to successfully manage social interaction through probably engaging compensatory brain strategies.