Stoffstrom- und Nutzwertanalysen als Beitrag zur Optimierung von Wasserinfrastruktursystemen

Für eine zukunftsfähige Weiterentwicklung der Menschheit wird die Entwicklung und Umsetzung von nachhaltigen Infrastruktursystemen mit ressourceneffizienten/-schonenden Ansätzen immer wichtiger. Auch in der Siedlungswasserwirtschaft haben in den letzten Jahren Themen wie Kreislaufführung und Effizie...

Full description

Bibliographic Details
Main Author: Davoudi, Arash
Format: Others
Language:de
Published: 2018
Online Access:https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/7400/1/Davoudi_Arash_Dissertation.pdf
Davoudi, Arash <http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/view/person/Davoudi=3AArash=3A=3A.html> (2018): Stoffstrom- und Nutzwertanalysen als Beitrag zur Optimierung von Wasserinfrastruktursystemen.Darmstadt, Technische Universität, [Ph.D. Thesis]
Description
Summary:Für eine zukunftsfähige Weiterentwicklung der Menschheit wird die Entwicklung und Umsetzung von nachhaltigen Infrastruktursystemen mit ressourceneffizienten/-schonenden Ansätzen immer wichtiger. Auch in der Siedlungswasserwirtschaft haben in den letzten Jahren Themen wie Kreislaufführung und Effizienzsteigerung an Bedeutung gewonnen. Exemplarisch wird diese Entwicklung beim Abwasser deutlich, welches aufgrund seines bisher noch weitgehend ungenutzten energetischen wie stofflichen Potenzials, zunehmend anstatt eines Abfallproduktes als Ressource und Rohstoff betrachtet wird. Die ursprünglichen Ziele der Abwasserentsorgung können mit dem bestehenden konventionellen Wasserinfrastruktursystem in der Regel zufriedenstellend erfüllt werden. Unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten ist das System jedoch trotz Weiterentwicklungen und Optimierungen in den letzten Jahren einer wachsenden Kritik ausgesetzt. Daher sind eine grundsätzlich veränderte Ressourcennutzung, die Entwicklung und Umsetzung von neuen Systemlösungen und Techniken sowie der mittel- bis langfristige Umbau der Versorgungs- und Entsorgungssysteme zwingend notwendig. Das Ziel dieser Arbeit war, mithilfe von Stoffstrom- und Nutzwertanalysen sechs verschiedene technische Wasserinfrastruktursysteme in den Städten Hamburg und Qingdao (China) bezüglich der Stoffströme Wasser, Energie und Nährstoffe, auf häuslicher Ebene bzw. Siedlungsebene miteinander zu vergleichen. Es sollten Rückgewinnungs- und Wiederverwertungspotenziale sowie die nachhaltigste Alternative identifiziert werden. Weiterhin wurde in dieser Arbeit die Bioabfallbehandlung für beide Städte behandelt. Als Ergebnis der Stoffstromanalysen erhält man potentielle Trinkwassereinsparungen von 24 % bis 27% durch die Einführung alternativer Wasserinfrastruktursysteme mit Kreislaufführung der Wasserressourcen bzw. Brauchwassernutzung für die Toilettenspülung. Der weitergehende Einsatz des Brauchwassers birgt zusätzlich erhebliche Einsparpotenziale bezüglich Trinkwasserbedarf und Abwasseranfall. Hinsichtlich der Energiebilanzen lässt sich eine vorteilhafte Strombilanz des Referenzsystems sowohl in Hamburg als auch in Qingdao feststellen. Weiterhin ist ein besseres Abschneiden hinsichtlich der Wärmebilanzen bei den Systemvarianten mit einer Wärmerückgewinnung aus dem Ab-/Grauwasser ersichtlich. Die Energiebilanzen machen auch deutlich, dass der Einsatz von Co-Substraten zu einer verbesserten Strom- und Wärmeproduktion und somit zu einer besseren Energiebilanz führen kann. Bezüglich der Nährstoffe Phosphor und Stickstoff lässt sich feststellen, dass durch die Stoffstromtrennung bei den alternativen Wasserinfrastruktursystemen eine Reduzierung der Gewässerbelastung möglich ist. Der Phosphoroutput befindet sich hauptsächlich in den Reststoffen bzw. Gärresten. Ähnlich wie beim Phosphorstrom befindet sich auch eine nicht unbedeutende Menge Stickstoff in den Gärresten. Bezogen auf die Stickstoffoutputs lösen die alternativen Wasserinfrastruktursysteme bisher nicht das Problem, dass es bei der Abwasserbehandlung zu enormen Emissionen, u.a. des Treibhausgases Distickstoffmonoxid, in die Atmosphäre kommt. Allerdings können die alternativen Wasserinfrastruktursysteme diese unerwünschten Emissionen zumindest reduzieren und sind aus diesem Grund als Weiterentwicklung in die richtige Richtung zu sehen. Bei der Bioabfallbehandlung lässt sich bezüglich der Energiebilanzen feststellen, dass in Qingdao ein großes Potenzial zur Energieproduktion besteht. Die Ergebnisse der Nährstoffmodellierungen bei der Bioabfallbehandlung haben gezeigt, dass die Phosphor- und Stickstoffmengen in den Bioabfällen im Vergleich zu den Wasserinfrastruktursystemen sehr gering sind und nur eine untergeordnete Rolle spielen. In der Bewertung mithilfe der Nutzwertanalyse mit insgesamt 15 Bewertungskriterien innerhalb der drei Bewertungskategorien „Ökologie“, „Technik“ und „Soziokulturelles“ steht für beide Städte die alternative technische Systemvariante „Semizentral“ an erster Stelle und schneidet besser als das Referenzsystem ab. Dieses Ergebnis gilt sowohl bei einer Gleichgewichtung aller Bewertungskategorien, als auch bei einer höheren Gewichtung bzw. Priorisierung der Bewertungskategorien „Technik“ und „Soziokulturelles“. Übergreifend lässt sich sagen, dass die Einführung von alternativen Wasserinfrastruktursystemen bzw. die Transformation des bestehenden Systems in der schnell wachsenden Stadt Qingdao als sinnvoll und langfristig als notwendig angesehen wird. Allerdings bedarf es politischer Grundsatzentscheidungen und der daraus abzuleitenden Handlungsbedingungen für die Transformation des bestehenden Systems. Trotz aus der Bewertung hervorgehender Vorteile von alternativen Wasserinfrastrukturen besteht hingegen in Hamburg, auch unter Berücksichtigung von ökonomischen und rechtlich-organisatorischen/institutionellen Aspekten, kurz- bis mittelfristig kein Anreiz für eine Transformation der Wasserinfrastruktur auf Gesamtstadtebene.