Etablierung einer 3R-Alternativmethode für die Chargenprüfung von bovinem Tuberkulin unter Berücksichtigung mykobakterieller Lipidantigene im Meerschweinchenmodell
Schon Robert Koch beschreibt Experimente, in denen er Meerschweinchen intradermal Tu-berkulin injiziert. Basierend auf seiner Arbeit entwickelte Clemens von Pirquet den Tuberkulin-Hauttest, der bis heute zur Diagnose von Tuberkulose Anwendung findet. Tuberkuline werden sowohl in vitro als auch in vi...
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Schon Robert Koch beschreibt Experimente, in denen er Meerschweinchen intradermal Tu-berkulin injiziert. Basierend auf seiner Arbeit entwickelte Clemens von Pirquet den Tuberkulin-Hauttest, der bis heute zur Diagnose von Tuberkulose Anwendung findet. Tuberkuline werden sowohl in vitro als auch in vivo verwendet. Tuberkulin ist eine Antigenpräparation, die aus den Überständen von Mykobakterienkulturen gewonnen wird. Während des schwer zu standardisierenden Herstellungsprozesses wird der Überstand mit Dampf hitzeinaktiviert und zur Proteinanreicherung filtriert oder gefällt. Phenol darf zu Konservierungszwecken aufge-nommen. Tuberkuline für die humanmedizinische Anwendung werden aus M. tuberculosis-Kulturen gewonnen; die für die Anwendung im Rind aus M. bovis-Kulturen. Weitere Tuberku-line sind nach dem jeweiligen Mykobakterienstamm, auf dem sie basieren, definiert. Deswe-gen muss jede Tuberkulincharge vor Marktzugang auf ihre Wirksamkeit getestet werden. Bis heute werden Tuberkuline in vivo im Meerschweinchen getestet. Der Test wird in Überein-stimmung mit dem Europäischen Arzneibuch durchgeführt und basiert auf einer Sensibilisie-rung der Meerschweinchen mit entweder lebenden oder inaktivierten Mykobakterien. Min-destens vier Wochen später werden die Flanken rasiert und verschiedene Konzentrationen eines Referenztuberkulins und der einer Testcharge intradermal injiziert. Die Dosis wird dabei so gewählt, dass Läsionen mit einem Durchmesser zwischen 8 – 25 mm entstehen. Die Durchmesser werden vermessen und die Wirksamkeit der Testcharge mittels Regressions-analyse ermittelt. Damit erhält man eine Dosis-Wirkungskurve und die Wirksamkeit der Test-charge wird anhand der Wirksamkeit des Referenztuberkulins berechnet.
Während der Hitzeinaktivierung wird ein Großteil der proteinergen Antigene im Tuberkulin denaturiert. Das erschwert eine rein molekularbiologische Wirksamkeitsprüfung und ist der Primärgrund für die Notwendigkeit des Tierexperiments. Der Tuberkulin-Hauttest hat einige Nachteile, wie den subjektiven Endpunkt bei der Datenerhebung, die Platzbegrenzung des Tierkörpers für nur wenige Testkonzentrationen, der geringen Reproduzierbarkeit und dem Stress für die Labortiere durch die Induktion von schmerzhaften, teilweise nekrotisierenden Läsionen. Daraus resultiert das Ziel in dieser Dissertation eine neue Methode für die Char-genprüfung von bovinen Tuberkulinen zu etablieren. Die neue Testmethode basiert auf direk-ter Messung tuberkulin-spezifischer T-Zell-Proliferation, da die zelluläre Immunantwort einer Hypersensitivierungsreaktion Typ IV folgt und auch diese im Hauttest abgerufen wird. Der in vitro Proliferationsassay wurde in Übereinstimmung mit dem 3R-Konzept von Russel und Burch etabliert und soll die Tiere während des Experiments entlasten. Die letale Infektion mit Mycobacterium bovis wurde mit der Nutzung hitzeinaktivierter Feuchtmasse des M.bovis-Stamms AN5 ersetzt. Es war Ziel den für die Tiere am stressigsten Teil zu ersetzen und die Methode mit objektiver Datenerhebung mittels Durchflusszytometrie zu verbessern.
Für die neu etablierte Methode werden mindestens sieben Meerschweinchen mit hitzeinakti-vierter Feuchtmasse des M.bovis-Stamms AN5 sensibilisiert. An Tag 30 wird Blut entnom-men und PBMCs (engl. Peripheral blood mononuclear cells) mittels Ficoll-Dichtegradientenzentrifugation isoliert. Die PBMCs werden mit CFSE (Carboxyfluorescein-succimidylester) gefärbt und mit acht verschiedenen Tuberkulin-Konzentrationen stimuliert. Dabei wird die T-Zell-Antwort auf eine Testcharge mit der auf ein Referenztuberkulin vergli-chen. Nach fünf Tagen wird die Verringerung der CFSE-Färbung als Messpunkt für Zell-proliferation mittels Durchflusszytometrie bestimmt.
Wegen der Komplexität der zugrunde liegenden immunologischen Prozesse, ist die Variabilität der Ergebnisse in beiden Methoden – besonders die Unterschiede zwischen den Einzeltieren einer Gruppe – relativ hoch. Diese Beobachtung wird aber regelmäßig bei biologischen Wirksamkeitsprüfungen gemacht. Trotzdem war der Proliferationsassay im direkten Vergleich zum Hauttest wesentlich präziser. Wenn das verheißt, dass die neue Methode we-sentlich verlässlichere Daten produziert, ist das zusätzlich ein Argument in Richtung Tier-schutz, da damit Testwiederholungen vermieden werden könnten. Ein weiterer Fakt ist die begrenzte Testfläche auf dem Meerschweinchenkörper, der mindestens acht Tiere pro Expe-riment erforderlich macht. Mit dem Proliferationsassay können Tierzahlen reduziert werden, da der experimentelle Aufbau das parallele Testen von mindestens zwei Chargen erlaubt. Auch das ist eine alternative Anwendung in Übereinstimmung mit dem 3R-Konzept von Rus-sel und Burch. Die in dieser Dissertation präsentierten Daten erlauben die Schlussfolgerung, dass die neue Methode die bisherige Wirkamskeitsprüfung für bovine Tuberkuline ersetzen kann.
Ein weiterer, von der Tuberkulinprüfung unabhängiger Aspekt der vorliegenden Arbeit war die Etablierung einer Technik, mit Hilfe derer die T-Zell-Antwort von Meerschweinchen gegen mykobakterielle Lipidantigene untersucht werden kann. Da T-Zellen Lipidantigene im Zu-sammenhang mit Gruppe I CD1 Molekülen erkennen, war es nötig zuerst CD1-positive anti-genpräsentierende Zellen (APCs - engl. antigen presenting cells) in vitro zu generieren. Dafür wurden entsprechende Meerschweinchenzytokine rekombinant exprimiert. Mit diesen Zytokinen wurden Meerschweinchen Monozyten aus dem peripheren Blut zur Ex-pression von CD1 angeregt und anschließend als APCs im Proliferationstest eingesetzt. So konnte gezeigt werden, dass T-Zellen mykobakteriell-sensibilisierter Meerschweinchen –ähnlich wie beim Menschen – eine zelluläre Immunantwort gegen die mykobakteriellen Lipi-dantigene Lipoarabinomannan (ManLAM) und Glukosemonomykolat (GMM) ausbilden. |
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Tuberkuline für die humanmedizinische Anwendung werden aus M. tuberculosis-Kulturen gewonnen; die für die Anwendung im Rind aus M. bovis-Kulturen. Weitere Tuberku-line sind nach dem jeweiligen Mykobakterienstamm, auf dem sie basieren, definiert. Deswe-gen muss jede Tuberkulincharge vor Marktzugang auf ihre Wirksamkeit getestet werden. Bis heute werden Tuberkuline in vivo im Meerschweinchen getestet. Der Test wird in Überein-stimmung mit dem Europäischen Arzneibuch durchgeführt und basiert auf einer Sensibilisie-rung der Meerschweinchen mit entweder lebenden oder inaktivierten Mykobakterien. Min-destens vier Wochen später werden die Flanken rasiert und verschiedene Konzentrationen eines Referenztuberkulins und der einer Testcharge intradermal injiziert. Die Dosis wird dabei so gewählt, dass Läsionen mit einem Durchmesser zwischen 8 – 25 mm entstehen. Die Durchmesser werden vermessen und die Wirksamkeit der Testcharge mittels Regressions-analyse ermittelt. Damit erhält man eine Dosis-Wirkungskurve und die Wirksamkeit der Test-charge wird anhand der Wirksamkeit des Referenztuberkulins berechnet. Während der Hitzeinaktivierung wird ein Großteil der proteinergen Antigene im Tuberkulin denaturiert. Das erschwert eine rein molekularbiologische Wirksamkeitsprüfung und ist der Primärgrund für die Notwendigkeit des Tierexperiments. Der Tuberkulin-Hauttest hat einige Nachteile, wie den subjektiven Endpunkt bei der Datenerhebung, die Platzbegrenzung des Tierkörpers für nur wenige Testkonzentrationen, der geringen Reproduzierbarkeit und dem Stress für die Labortiere durch die Induktion von schmerzhaften, teilweise nekrotisierenden Läsionen. Daraus resultiert das Ziel in dieser Dissertation eine neue Methode für die Char-genprüfung von bovinen Tuberkulinen zu etablieren. Die neue Testmethode basiert auf direk-ter Messung tuberkulin-spezifischer T-Zell-Proliferation, da die zelluläre Immunantwort einer Hypersensitivierungsreaktion Typ IV folgt und auch diese im Hauttest abgerufen wird. Der in vitro Proliferationsassay wurde in Übereinstimmung mit dem 3R-Konzept von Russel und Burch etabliert und soll die Tiere während des Experiments entlasten. Die letale Infektion mit Mycobacterium bovis wurde mit der Nutzung hitzeinaktivierter Feuchtmasse des M.bovis-Stamms AN5 ersetzt. Es war Ziel den für die Tiere am stressigsten Teil zu ersetzen und die Methode mit objektiver Datenerhebung mittels Durchflusszytometrie zu verbessern. Für die neu etablierte Methode werden mindestens sieben Meerschweinchen mit hitzeinakti-vierter Feuchtmasse des M.bovis-Stamms AN5 sensibilisiert. An Tag 30 wird Blut entnom-men und PBMCs (engl. Peripheral blood mononuclear cells) mittels Ficoll-Dichtegradientenzentrifugation isoliert. Die PBMCs werden mit CFSE (Carboxyfluorescein-succimidylester) gefärbt und mit acht verschiedenen Tuberkulin-Konzentrationen stimuliert. Dabei wird die T-Zell-Antwort auf eine Testcharge mit der auf ein Referenztuberkulin vergli-chen. Nach fünf Tagen wird die Verringerung der CFSE-Färbung als Messpunkt für Zell-proliferation mittels Durchflusszytometrie bestimmt. Wegen der Komplexität der zugrunde liegenden immunologischen Prozesse, ist die Variabilität der Ergebnisse in beiden Methoden – besonders die Unterschiede zwischen den Einzeltieren einer Gruppe – relativ hoch. Diese Beobachtung wird aber regelmäßig bei biologischen Wirksamkeitsprüfungen gemacht. Trotzdem war der Proliferationsassay im direkten Vergleich zum Hauttest wesentlich präziser. Wenn das verheißt, dass die neue Methode we-sentlich verlässlichere Daten produziert, ist das zusätzlich ein Argument in Richtung Tier-schutz, da damit Testwiederholungen vermieden werden könnten. Ein weiterer Fakt ist die begrenzte Testfläche auf dem Meerschweinchenkörper, der mindestens acht Tiere pro Expe-riment erforderlich macht. Mit dem Proliferationsassay können Tierzahlen reduziert werden, da der experimentelle Aufbau das parallele Testen von mindestens zwei Chargen erlaubt. Auch das ist eine alternative Anwendung in Übereinstimmung mit dem 3R-Konzept von Rus-sel und Burch. Die in dieser Dissertation präsentierten Daten erlauben die Schlussfolgerung, dass die neue Methode die bisherige Wirkamskeitsprüfung für bovine Tuberkuline ersetzen kann. Ein weiterer, von der Tuberkulinprüfung unabhängiger Aspekt der vorliegenden Arbeit war die Etablierung einer Technik, mit Hilfe derer die T-Zell-Antwort von Meerschweinchen gegen mykobakterielle Lipidantigene untersucht werden kann. Da T-Zellen Lipidantigene im Zu-sammenhang mit Gruppe I CD1 Molekülen erkennen, war es nötig zuerst CD1-positive anti-genpräsentierende Zellen (APCs - engl. antigen presenting cells) in vitro zu generieren. Dafür wurden entsprechende Meerschweinchenzytokine rekombinant exprimiert. Mit diesen Zytokinen wurden Meerschweinchen Monozyten aus dem peripheren Blut zur Ex-pression von CD1 angeregt und anschließend als APCs im Proliferationstest eingesetzt. So konnte gezeigt werden, dass T-Zellen mykobakteriell-sensibilisierter Meerschweinchen –ähnlich wie beim Menschen – eine zelluläre Immunantwort gegen die mykobakteriellen Lipi-dantigene Lipoarabinomannan (ManLAM) und Glukosemonomykolat (GMM) ausbilden. 2015-09-22 Ph.D. Thesis NonPeerReviewed text ger only the rights of use according to UrhG https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/5127/7/2015-11-04%20Dissertation%20Final%20mit%20Auflage_ready.pdf Spohr, Christina <http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/view/person/Spohr=3AChristina=3A=3A.html> (2015): Etablierung einer 3R-Alternativmethode für die Chargenprüfung von bovinem Tuberkulin unter Berücksichtigung mykobakterieller Lipidantigene im Meerschweinchenmodell.Darmstadt, Technische Universität, [Ph.D. Thesis] de info:eu-repo/semantics/doctoralThesis info:eu-repo/semantics/openAccess |