Struktur und Gitterdynamik wasserstoffbeladener austenitischer Edelstähle
Austenitische Edelstähle finden einen sehr weitverbreiteten Einsatz. Ihre Anwendungen reichen von Haushaltsgegenständen über Druckkessel zu Schiffspropellern und Turbinen. Für zahlreiche Anwendungen austenitischer Edelstähle stellt die Verschlechterung mechanischer Eigenschaften durch Aufnahme von W...
Summary: | Austenitische Edelstähle finden einen sehr weitverbreiteten Einsatz. Ihre Anwendungen reichen von Haushaltsgegenständen über Druckkessel zu Schiffspropellern und Turbinen. Für zahlreiche Anwendungen austenitischer Edelstähle stellt die Verschlechterung mechanischer Eigenschaften durch Aufnahme von Wasserstoff aus der Umgebung ein großes Problem dar. Trotz intensiver Forschungsarbeiten in den letzten Jahrzehnten sind die Mechanismen der Wasserstoffversprödung in Stählen noch immer nicht vollständig verstanden. Unter den postulierten Mechanismen der Wasserstoffversprödung in austenitischen Edelstählen ist die wasserstoffinduzierte Bildung versprödender Hydrid- und Martensitphasen in der Diskussion. Zur Untersuchung des Phasenumwandlungsverhaltens infolge von Wasserstoffbeladungen wurden in der vorliegenden Arbeit Stahlproben untersucht, welche unter hohen Drücken hydriert worden waren. Die Ergebnisse wurden mit aus der Literatur bekannten Ergebnissen an elektrolytisch beladenen Proben verglichen. Hochdruck-Hydrierungen führen zu einer weitgehend homogenen Wasserstoffverteilung im Volumen, während elektrolytische Beladungen eine Wasserstoffabscheidung an der Oberfläche mit starken Konzentrationsgradienten ins Probeninnere bewirken. Mittels elastischer und inelastischer Neutronenstreuung sowie Röntgenbeugung wurde der Einfluss von Wasserstoff auf Struktur und Gitterdynamik der austenitischen Edelstähle Fe/Cr18/Ni10 und Fe/Cr25/Ni20 untersucht. Die Inelastische Neutronenstreuung liefert aufgrund ihrer hohen Sensitivität bzgl. Wasserstoff u.a. auch Informationen zur Bildung von Hydriden komplementär zur Beugung. Es wurde festgestellt, dass Wasserstoff- bzw. Deuteriumatome in beiden Stahlsorten ausschließlich die Oktaederlücken besetzen. Im Rahmen der Nachweisempfindlichkeit wurden keine wasserstoffinduzierten Phasenumwandlungen im Stahl Fe/Cr25/Ni20 über den gesamten Konzentrationsbereich bis zu H/Me = 1 beobachtet. Im Falle von Fe/Cr18/Ni10 trat die Bildung von Epsilon-Martensit bei Hydrierungen unter 3.0 und 7.0 GPa bei Wasserstoffgehalten von H/Me = 0.56 bzw. H/Me = 1.03 auf, sowie bei Beaufschlagung von 4.0 GPa ohne Wasserstoff. Weder die elastischen noch die inelastischen Neutronenstreuexperimente gaben Hinweise auf Hydride. In den Schwingungsspektren wurde eine kontinuierliche Abnahme der Schwingungsenergien der optischen Moden mit zunehmendem Me-H - Atomabstand deutlich. Die optischen Moden in den Proben beider Stahlsorten mit den höchsten Wasserstoffgehalten (H/Me = 1) zeigten jeweils eine Aufspaltung, welche durch longitudinale und transversale Schwingungsmoden beschrieben werden konnte. In allen Proben wiesen die optischen Moden eine deutliche Verbreiterung auf, die wohl hauptsächlich aus der Modifikation der Schwingungsenergie mit Anordnungen der Nachbaratome in den vorliegenden ungeordneten Legierungen resultierte. Die Hochdruck-hydrierten Proben zeigten selbst bei maximalen Wasserstoffgehalten eine deutlich geringere Tendenz zur Bildung von Epsilon-Martensit als im Falle der elektrolytischen Hydrierung. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass für die Bildung von Epsilon-Martensit infolge von Wasserstoffbeladungen weniger die Wasserstoffkonzentration entscheidend ist, als vielmehr die aus der Wasserstoffverteilung resultierenden Spannungszustände. Diese Arbeit brachte einige Ergebnisse hervor, welche eindeutig gegen die These der wasserstoffinduzierten Hydrid- und Martensitbildung zur Beschreibung der Wasserstoffversprödung in austenitischen Edelstählen sprechen: In den Stahlsorten Fe/Cr25/Ni20 und Fe/Cr18/Ni10 wurden keine Hinweise für für die Ausscheidung einer Hydridphase gefunden; im Stahl Fe/Cr25/Ni20 erfolgte über den kompletten Konzentrationsbereich bis H/Me = 1 keine Phasenumwandlung; im Stahl Fe/Cr18/Ni10 konnten auch ohne die Anwesenheit von Wasserstoff Martensitumwandlungen durch hohe Drücke erzeugt werden. |
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