Stoffströme der Co-Vergärung in der Abwasserwirtschaft

Die Planung und Optimierung von Co-Vergärungsprozessen steht vor dem Hintergrund der Energiewende im Fokus der siedlungswasserwirtschaftlichen Fachwelt. Aktuell sind auf vielen Kläranlagen freie Faulraumkapazitäten vorhanden, die generell für eine Mitbehandlung von Co-Substraten und damit für eine S...

Full description

Bibliographic Details
Main Author: Zeig, Carola
Format: Others
Language:German
de
Published: Verein zur Förderung des Instituts IWAR der TU Darmstadt e.V. 2014
Online Access:https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/4155/1/Dissertation%20Zeig%2C%20C.%20%282014%29.pdf
Zeig, Carola <http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/view/person/Zeig=3ACarola=3A=3A.html> (2014): Stoffströme der Co-Vergärung in der Abwasserwirtschaft.In: Schriftenreihe IWAR, 226, Darmstadt, Verein zur Förderung des Instituts IWAR der TU Darmstadt e.V., Technische Universität, ISBN 978-3-940897-24-4, [Ph.D. Thesis]
Description
Summary:Die Planung und Optimierung von Co-Vergärungsprozessen steht vor dem Hintergrund der Energiewende im Fokus der siedlungswasserwirtschaftlichen Fachwelt. Aktuell sind auf vielen Kläranlagen freie Faulraumkapazitäten vorhanden, die generell für eine Mitbehandlung von Co-Substraten und damit für eine Steigerung der Methanproduktion geeignet sind. Durch gezielte Planung und Kalkulation kann die Umsetzung im infrastrukturellen Bestand optimiert werden. Dies trifft ebenfalls auf den Neubau von Ver- und Entsorgungseinheiten zu, deren Stoffströme während der Planungsphase an das vorhandene Siedlungsumfeld angepasst werden können. Die Bestimmung der freien Faulraumkapazität sowie die Auswahl der mitzubehandelnden Co-Substrate stellen die wesentlichen Schritte während der Planung und Optimierung von Co-Vergärungsprozessen zur Steigerung der Energieeffizienz dar. Hierzu ist eine ausreichende Kenntnis über die zur Verfügung stehenden Ressourcen und Handlungsspielräume erforderlich. Im Rahmen dieser Arbeit werden diese Handlungsspielräume aufbauend auf dem aktuellen Stand der Forschung zur Klärschlammfaulung und Co-Vergärung präzisiert. Da das primäre Ziel der Klärschlammfaulung die Stabilisierung des Klärschlamms ist, stellt die Gewährleistung stabiler Abbauprozesse eine der Grenzen des zu definierenden Handlungsspielraums dar. Im Rahmen der Arbeit wird anhand der Untersuchungsergebnisse der durchgeführten halb- und labortechnischen Versuchsreihen gezeigt, dass sich sowohl die organische Zusammensetzung von Rohschlamm und Co-Substraten als auch deren Abbaubarkeit voneinander unterscheiden. Die Abbaubarkeit der organischen Substanz hat einen direkten Einfluss auf die Konzentration der organischen Säuren im Faulbehälter, die während des Abbauprozesses gebildet und unter stabilen Betriebsbedingungen weiter zu Methan metabolisiert werden. Wird dem Faulbehälter ein Überangebot an abbaubarer organischer Substanz zugeführt, kommt es zu einem Anstieg der organischen Säurekonzentration und damit zu einer Beeinträchtigung der Prozessstabilität. Daher wird im Rahmen dieser Arbeit ein Bemessungsparameter definiert, der zur Charakterisierung dieser Belastungsgrenze geeignet ist. Hierbei handelt es sich um die auf den CSB bezogene Raumumsatzleistung. Die CSB-Raumumsatzleistung kombiniert die CSB-Raumbelastung mit der Abbaubarkeit der organischen Substanz. Die Belastung von anaeroben Abbauprozessen durch die abbaubare organische Substanz von Substraten kann somit anhand der entsprechenden CSB-Raumumsatzleistung substratunabhängig abgebildet werden. Voraussetzung stellt die Kenntnis über die Substratzusammensetzung und deren Abbaubarkeit dar. Da es sich bei der Co-Vergärung um die gemeinsame Behandlung mehrerer Substrate handelt, spielt die Kalkulierbarkeit der zu erwartenden Raumumsatzleistung von Substratmischungen ebenfalls eine grundsätzliche Rolle, um die Raumumsatzleistung als Bemessungsparameter verwenden zu können. Anhand der Untersuchungsergebnisse wird die Korrelation des Abbauverhaltens von Einzelsubstraten und deren Substratmischungen nachgewiesen und eine entsprechende Rechenvorschrift definiert. Der Abbaugrad von Substratmischungen kann auf diese Weise aus dem CSB-Mischungsverhältnis und den CSB-Abbaugraden der Einzelsubstrate berechnet werden. Neben der zur Verfügung stehenden Faulraumkapazität wird der Handlungsspielraum bei der Planung und Optimierung von Co-Vergärungsprozessen durch weitere Faktoren eingegrenzt. Hierbei handelt es sich um die Sicherstellung der Stabilität weiterer Behandlungsstufen einer Kläranlage, die durch die Substratauswahl, die Festlegung des Mischungsverhältnisses und durch die Faulraumtemperatur beeinflusst werden kann. Durch die Mitbehandlung von Co-Substraten in der Klärschlammfaulung wird eine Steigerung der Methanproduktion angestrebt. Dies ist allerdings nur in einem Umfang sinnvoll, bei dem die gegebene Kapazität der betroffenen Behandlungsstufen ausreichend ist. Daher ist eine Kalkulation der zu erwartenden Gas- und Methanproduktion im Rahmen der Planung und Optimierung und damit bei der Auswahl der Co-Substrate und deren Mischungsverhältnissen notwendig. Basierend auf der organischen Zusammensetzung der Substrate bzw. Substratmischungen (bezogen auf CSB und TOC) kann die maximal erreichbare Gas- und Methanausbeute mittels Kohlenstoffbilanzierung berechnet werden. Unter Berücksichtigung der entsprechenden Abbaubarkeit ist es somit im Vorfeld einer geplanten Mitbehandlung von Co-Substraten in der Klärschlammfaulung möglich die zu erwartende Methanproduktion zu kalkulieren. Zudem werden basierend auf den Untersuchungsergebnissen (analog zum Abbaugrad) eine Korrelation der spezifischen Gas- bzw. Methanausbeuten der Einzelsubstrate und deren Substratmischungen nachgewiesen und eine entsprechende Rechenvorschrift definiert. Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass durch eine Mitbehandlung von Küchen- und Kantinenabfällen oder Lebensmittelresten die Gasproduktion gesteigert und durch eine Mitbehandlung von Fäkalschlämmen reduziert wird. Die Einflüsse der Stoffströme der Co-Vergärung auf die gesamte Abwasserbehandlungsanlage setzen zudem bereits vor der anaeroben Behandlungsstufe an. Die Mitbehandlung von Co-Substraten in der Klärschlammfaulung unterliegt rechtlichen Rahmenbedingungen zur Genehmigung, die spezielle Anforderungen an die Beschaffenheit, Anlieferung und Vorbehandlung der Co-Substrate umfassen. Da bislang keine einheitlichen Vorgaben für Deutschland erlassen wurden, dienen unterschiedliche Regelwerke auf Landesebene der Orientierung hinsichtlich des Genehmigungsprozesses. Die Untersuchungsergebnisse dieser Arbeit können im Rahmen einer konkretisierenden Ausarbeitung der Regelwerke bzw. einer bundesweiten Vereinheitlichung herangezogen werden. Unter Berücksichtigung der jeweiligen Ausgangssituation einer Kläranlage und der vorgestellten Handlungsspielräume stellt die Nutzung freier Faulraumkapazitäten zur Steigerung der Energieeffizienz von Kläranlagen eine wirtschaftliche Entscheidung dar. Die erzielten Ergebnisse bieten Handlungsempfehlungen zur Planung und Optimierung der Stoffströme der Co-Vergärung. Zudem können sie über den Rahmen der Abwasserwirtschaft hinaus Anwendung finden sowie als Grundlage für weitere Forschungen herangezogen werden.