Thermisch und kohärent: Erzeugung neuartiger Lichtzustände mittels Quantenpunkt-Superlumineszenzdioden
Bisher war die Emission einer Lichtquelle kohärent, inkohärent oder partiell kohärent, also ein Mischzustand aus den beiden Grenzfällen. Eine unabhängige Manipulation des Kohärenzgrads in erster und zweiter Ordnung auf optischen Zeitskalen war nicht möglich, und begründete so ein fundamentales Parad...
Main Author: | |
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Format: | Others |
Language: | German de |
Published: |
2012
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Online Access: | http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/3079/7/Dissertation_genehmigt_Update_JQE_2012-08-20.pdf Blazek, Martin <http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/view/person/Blazek=3AMartin=3A=3A.html> : Thermisch und kohärent: Erzeugung neuartiger Lichtzustände mittels Quantenpunkt-Superlumineszenzdioden. Technische Universität, Darmstadt [Ph.D. Thesis], (2012) |
Summary: | Bisher war die Emission einer Lichtquelle kohärent, inkohärent oder partiell kohärent, also ein Mischzustand aus den beiden Grenzfällen. Eine unabhängige Manipulation des Kohärenzgrads in erster und zweiter Ordnung auf optischen Zeitskalen war nicht möglich, und begründete so ein fundamentales Paradigma der Quantenoptik, wonach spektral-breitbandiges, thermisches Licht nicht kohärent in zweiter Ordnung sein kann.
Dieses fundamentale Paradigma der Quantenoptik wurde in dieser Arbeit widerlegt.
Über die Kontrolle des Photonenemissionsprozesses wurde der Kohärenzgrad in zweiter Ordnung unabhängig vom Kohärenzgrad in erster Ordnung modifiziert. Hierdurch gelang die erstmalige, experimentelle Erzeugung von Licht, welches gleichzeitig thermisch in erster und laserartig in zweiter Ordnung ist und damit eine faszinierende, neue Klasse von hybrid-kohärenten Lichtzuständen darstellt.
Konkret wurde breitbandiges, nahinfrarotes Licht mit einer spektralen Breite von 12,5THz bei einem zentralen Kohärenzgrad von 1 in erster und einem kontinuierlich durchstimmbaren Kohärenzgrad von 2,0 bis 1,33 in zweiter Ordnung demonstriert.
Dazu wurde ein wohldefinierter Eingriff in die delikate Emissionsbalance zwischen spontaner und stimulierter Emission in einer verstärkt-spontan emittierenden Quantenpunkt-Superlumineszenzdiode (QP-SLD) vorgenommen. Ausgehend vom thermischen Emissionscharakter der QP-SLD bei Raumtemperatur wurde der Anteil kohärenzerzeugender, stimulierter Emissionsprozesse durch eine Reduktion der thermischen Verlustraten bei tiefen Temperaturen erreicht. Hierdurch ließ sich der spektrale Gewinn der Emission erhöhen und der Kohärenzgrad in zweiter Ordnung schließlich bis auf 1,33 reduzieren, und dies, ohne dabei die spektrale Breitbandigkeit der Emission einzuschränken.
Die Zunahme im spektralen Gewinn konnte über die Anpassung eines bestehenden phänomenologischen Modells, dass die Verteilung der Ladungsträger auf die einzelnen Energieniveaus beschreibt, erklärt werden und gewährte so Einblicke in die einzigartige, stark temperaturabhängige, spektrale Ladungsträgerdynamik des inhomogen-verbreiterten, niedrigdimensionalen Quantenpunktsystems. So führt die Kondensation von Ladungsträgern im absoluten, energetischen Grundzustand des Quantenpunktensembles bei der ausgezeichneten Temperatur von 190K zu einer Maximierung der Besetzungswahrscheinlichkeit und des spektralen Gewinns. Bei Temperaturen unterhalb von 190K kollabiert die globale Fermi-Verteilung. In der Folge bricht die Ladungsträgerdiffusion zwischen den individuellen Quantenpunkten zusammen und der spektrale Gewinn nimmt mit sinkender Temperatur wieder ab.
Die Erzeugung des hybrid-kohärenten Lichtzustands stimuliert damit einerseits das fundamentale physikalische Interesse nach der Entstehung von Licht, fördert andererseits aber auch das Verständnis niederdimensionaler, Halbleiter-Ladungsträgersysteme und kombiniert so die faszinierenden Welten der Quantenoptik und der Quantenpunkte.
Basierend auf der gewonnenen Kenntnis der Kohärenzeigenschaften der QP-SLD in zweiter Ordnung auf Femotsekunden-Zeitskalen konnte zudem der Zusammenhang zwischen den ultraschnellen Intensitätskorrelationen und dem Intensitätsrauschen einer Lichtquelle geklärt und zur Rauschoptimierung genutzt werden.
Beim Vergleich des Intensitätsrauschens der QP-SLD mit den kohärenten und thermischen Rauschmodellen zeigte sich der thermische Emissionscharakter der QP-SLD bei Raumtemperatur. Zusätzlich zum Schrotrauschen einer kohärenten Quelle tritt bei thermischen Quellen Überschussrauschen auf, das von den Kohärenzeigenschaften erster Ordnung abhängt. Für den Betrieb der QP-SLD bei Raumtemperatur wurden Strategien zur Rauschreduktion abgeleitet, die auf die Modifikation der Kohärenzeigenschaften erster Ordnung abzielten. Mit dem Verfahren der spektral-selektiven Rückkopplung und der inkohärenten Lichtquellenkopplung konnten, über die Erhöhung der spektralen Breite, Rauschreduktionen von bis zu 30% erreicht werden.
Bei tiefen Temperaturen zeigten sich im Intensitätsrauschen jedoch starke Abweichungen vom thermischen Rauschmodell. Im Fall der hybrid-kohärenten Emission bei 190K lag das relative Intensitätsrauschen der QP-SLD um einen Faktor von 20 unter dem thermischen Rauschniveau und verlangte nach einer verallgemeinerten Rauschbeschreibung, die neben den Kohärenzeigenschaften erster Ordnung auch den Kohärenzgrad in zweiter Ordnung berücksichtigt. Hierzu wurde ein Kohärenzkoeffizient eingeführt, der den Kohärenzgrad in zweiter Ordnung charakterisiert, den Beitrag des Überschussrauschens im thermischen Rauschmodell auf den Anteil der spontanen Emissionsprozesse beschränkt und so die bisherigen kohärenten und thermischen Grenzfälle kontinuierlich ineinander überführt. Letztlich konnte das Rauschverhalten hybrid-kohärenter Lichtquellen durch das verallgemeinerte Rauschmodell präzise vorhergesagt werden.
Der hybrid-kohärente Lichtzustand eröffnet einerseits eine weite Spielwiese für vielfältige wissenschaftliche Untersuchungen zur Quantennatur des Lichts, ist andererseits aber auch für die Anwendung in optischen Systemen interessant. So wird beispielsweise auf dem Gebiet der interferometrischen Messtechnik eine spektral-breitbandige und rauscharme Lichtquelle benötigt. Basierend auf dem vorgestellten Rauschmodell lassen sich hier vielversprechende Strategien zur Optimierung zukünftiger Bauteile ableiten.
Im Rahmen der Arbeit wurde hybrid-kohärentes Licht erstmals experimentell realisiert und charakterisiert. Zur Beschreibung des modifizierten Rauschverhaltens wurde ein verallgemeinertes Rauschmodell vorgestellt. Es konnten jedoch nicht alle Fragen vollständig geklärt werden. So müssen zukünftige Untersuchungen zeigen, ob sich eine allgemeine Schwelle für den spektralen Gewinn angeben lässt, oberhalb der hybrid-kohärente Emission eintritt. Hier bietet sich neben dem Pumpstrom und der Temperatur auch die optische Rückkopplung als zusätzlicher Freiheitsgrad zur Modifikation des Kohärenzgrads in zweiter Ordnung an. Insbesondere können dabei die Intensitätskorrelationen im Übergangsbereich von verstärkt-spontaner Emission zu rückkopplungsinduzierter Lasertätigkeit analysiert werden, um zu einem tieferen Verständnis des hybrid-kohärenten Lichtzustands beitragen. Auch ist ungeklärt, ob der zentrale Kohärenzgrad von 1,33 in zweiter Ordnung ein fundamentales Limit bei der Erzeugung hybrid-kohärenten Lichts darstellt, oder ob speziell optimierte Lichtquellen die breitbandige Emission zukünftig sogar am Standardquantenlimit, also mit g(2)(0)=1 ermöglichen. Abschließend sei noch auf die Untersuchung spektral-aufgelöster Intensitätskorrelationen hingewiesen, die gerade im Fall der Quantenpunkt-Gewinnmedien faszinierende Einblicke in die Welt niedrigdimensionaler Quantensysteme verspricht. |
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