Kurz- und langfristige Auswirkungen strahleninduzierter DNS Doppelstrangbrüche auf das neuronale Netzwerk am in vitro und in vivo Mausmodell

Niedrigdosierte Röntgenstrahlung kommt heutzutage überwiegend in der medizinischen Bildgebung zum Einsatz und spielt dabei eine entscheidende Rolle in der Diagnostik. Besonders an Kleinkindern werden computertomographische Untersuchungen mit niedrigdosierter Röntgenstrahlung durchgeführt. Dabei ist...

Full description

Bibliographic Details
Main Author: Häupl, Katja
Format: Others
Language:de
Published: 2020
Online Access:https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/15393/7/20201201_Dissertation_KaHae_Ver%C3%B6ffentlichung.pdf
Häupl, Katja <http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/view/person/H=E4upl=3AKatja=3A=3A.html> (2020): Kurz- und langfristige Auswirkungen strahleninduzierter DNS Doppelstrangbrüche auf das neuronale Netzwerk am in vitro und in vivo Mausmodell. (Publisher's Version)Darmstadt, Technische Universität, DOI: 10.25534/tuprints-00015393 <https://doi.org/10.25534/tuprints-00015393>, [Ph.D. Thesis]
Description
Summary:Niedrigdosierte Röntgenstrahlung kommt heutzutage überwiegend in der medizinischen Bildgebung zum Einsatz und spielt dabei eine entscheidende Rolle in der Diagnostik. Besonders an Kleinkindern werden computertomographische Untersuchungen mit niedrigdosierter Röntgenstrahlung durchgeführt. Dabei ist der Kopf das am häufigsten untersuchte Körperteil. Neben der Verwendung in der medizinischen Diagnostik wird Röntgenstrahlung auch als Therapiemittel gegen Tumore eingesetzt. Zusätzlich werden Menschen bei Flug- und Weltraumreisen durch natürliche Strahlung belastet. Umso wichtiger ist die Untersuchung der Strahlungseffekte auf den Organismus. Der Fokus dieser Arbeit liegt auf der Analyse von Strahlungseffekten auf das neuronale Netzwerk. Ein direkter und zugleich folgenreicher Schaden der Röntgenstrahlung ist die Induktion von DNS-Doppelstrangbrüchen (DSBs). Proliferierende Zellen, zu denen unter anderem Stammzellen gehören, besitzen prinzipiell zwei Reparaturwege um DNS DSBs zu reparieren: die homologe Rekombination (HR) und die nicht-homologe Endverknüpfung (NHEJ). Ausdifferenzierte Zellen wie Neurone und Gliazellen können nur noch auf den häufig fehlerhaften NHEJ-Reparaturweg zurückgreifen. Nicht oder fehlerhaft reparierte DNS DSBs führen zu Seneszenz, Apoptose oder Zellentartung und können auf diese Weise die Pathogenese von Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson und Krebs fördern. Um den Einfluss einer nicht funktionalen HR auf die Radiosensitivität im sich entwickelnden neuronalen Netzwerk zu untersuchen, wurde das HR-defiziente Rad54-/- Mausmodell gewählt. Die Versuchstiere wurden während den neurologisch störungssensiblen Phasen E14.5 und p10 mit 500 mGy bestrahlt und im adulten Stadium hinsichtlich ihrer motorischen Fähigkeiten sowie ihres Explorations- und Lernverhaltens untersucht. Interessanterweise stellte sich beim Vergleich mit Wildtyptieren heraus, dass nicht nur röntgenbestrahlte Rad54-/- Tiere sondern auch sham bestrahlte Kontrolltiere ein beeinträchtigtes Lernverhalten im Morris Water Maze-Test aufweisen. Motorische Fähigkeiten und Explorationsverhalten, die mit Hilfe des RotaRod- und Elevated Zero Maze-Tests überprüft wurden, sind hingegen nicht betroffen. Darüber hinaus konnte festgestellt werden, dass zwischen dem spezifischen Defizit im komplexen räumlichen Lernen und der Anzahl an Doublecortin (DCX)-positiven Zellen im Gyrus dentatus der Rad54-/- Mäuse eine negative Korrelation besteht. Da DCX als Marker für junge Neurone etabliert ist, legt dieses Ergebnis die Schlussfolgerung nahe, dass eine gestörte adulte Neurogenese, die komplexe allozentrische Navigation erheblich beeinträchtigt. Im zweiten Teil dieser Arbeit wurde die NHEJ-Reparatur in verschiedenen neuronalen Zelltypen analysiert. Dazu diente das in vitro Stammzellsystem J1. Vorteil dieses minimalistischen Systems ist die Möglichkeit, neuronale Stammzellen in homogene Deszendentenkulturen zu differenzieren, sodass Neurone, Astrozyten und Oligodendrozyten unabhängig voneinander hinsichtlich ihrer Radiosensitivität untersucht werden können. Die Reparatur strahleninduzierter DNS DSBs wurde über die Immunfluoreszenzfärbung des Reparaturproteins 53BP1 verfolgt. Es zeigte sich, dass Neurone nach Bestrahlung mit 500 mGy eine drastisch verlangsamte Reparatur von DNS DSBs und eine signifikant reduzierte elektrische Spontanaktivität aufweisen. Die Spontanaktivität wurde über die Ableitung der Spannungsänderungen in der homogenen Neuronenkultur in einem Multielektrodenarray bestimmt. Darüber hinaus konnte festgestellt werden, dass eine Impulsbehandlung über Nacht mit dem exzitatorischen Neurotransmitter Glutamat eine signifikante Steigerung der Reparatureffizienz von strahleninduzierten DNS DSBs in Neuronen bewirkt. Zusätzlich schützt Glutamat das neuronale Netzwerk vor einer strahleninduzierten Dysfunktion. Dieser Effekt konnte darauf zurückgeführt werden, dass spezifische Agonisten des glutamatergen Systems durch Bindung an spezifische NMDA-Rezeptoren einen ausschließlich in Neuronen vorkommenden Signalweg induzieren, der zur Aktivierung der Topoisomerase II-beta und in Folge dessen zur Transkription von immediate early genes führt. Diese verstärken die DNS-Schadensantwort und wirken so neuroprotektiv. Insgesamt konnte gezeigt werden, dass die neuronale Entwicklung sowohl im embryonalen als auch im postnatalen Status radiosensitiv ist und dass eine funktionale DNS DSB-Reparaturmaschinerie maßgebend für die einwandfreie Entwicklung und Funktion des neuronalen Netzwerkes ist.