Untersuchungen zum Einfluss von bFGF auf die Retinogenese des Huhns in einem dreidimensionalen in vitro Zellkultursystem
Das Ziel dieser Arbeit war die Entwicklung neuer Methoden für die Kultivierung und die Auswertung von Sphäroidkulturen. Den ersten Schritt auf diesem Weg stellen die in dieser Arbeit erstmals angewandten Verfahren für die Verarbeitung von Informationen aus immunhistochemischen Färbungen der Sphäroid...
Summary: | Das Ziel dieser Arbeit war die Entwicklung neuer Methoden für die Kultivierung und die Auswertung von Sphäroidkulturen. Den ersten Schritt auf diesem Weg stellen die in dieser Arbeit erstmals angewandten Verfahren für die Verarbeitung von Informationen aus immunhistochemischen Färbungen der Sphäroidschnitte dar, welche bis heute für die Analyse von Sphäroiden unersetzlich sind. Bislang hatten solche Färbungen jedoch den Nachteil, dass die in ihnen enthaltenen Informationen – wenn überhaupt - nur schlecht quantifzierbar waren, da der Auswertungsprozess stets mit einem sehr hohen Zeitaufwand verbunden und zudem fehleranfällig war. Dementsprechend basierten die bisherigen statistischen Analysen, die anhand von Sphäroidkulturen gewonnen wurden, lediglich auf einer begrenzten Datenmenge. Diese Mängel konnten anhand der im Rahmen der vorliegenden Arbeit entwickelten Methoden weitgehend beseitigt werden. Die hier angewandte computergestützte Analyse von Färbungen an Sphäroidschnitten ermöglichte erstmals die statistische Auswertung des Einflusses eines Wachstumsfaktors auf die Sphäroidentwicklung auf der Basis umfangreicher mikroskopischer Datensätze. Zusätzlich konnte die Quantifizierung der Unterschiede zwischen unter-schiedlich behandelten Sphäroiden um einen neuen Aspekt erweitert werden. Während bislang lediglich gesicherte Aussagen über Veränderungen in der Anzahl bestimmter Zelltypen in den Sphäroiden getroffen werden konnten, steht nun mit dem Scaling2.0-Makro ein Instrument für die Quantifizierung struktureller Differenzen zur Verfügung. Aber nicht nur die Auswertung der Färbungen von Sphäroidschnitten, auch die Analyse von sich noch in der Kultur befindenden whole-mount-Sphäroiden konnte im Rahmen dieser Arbeit auf ein neues Niveau gehoben werden. Erstmals wurde nicht nur die Größe, sondern auch die Form von Sphäroiden anhand ihres Zirkularitätswerts quantifiziert. Diese Neuerungen eröffneten die Möglichkeit, die Analyse der Einflüsse von bFGF auf die Entwicklung von Rosettensphäroiden auf eine breite Auswahl unterschiedlicher Marker auszuweiten, ohne dadurch die Menge an ausgewertetem Material zu reduzieren. Die Resultate dieser Untersuchungen haben gezeigt, dass bFGF eine Vielzahl von biologischen Funktionen in dem sich entwickelnden Verband von Retinazellen ausübt. Zu den Funktionen, die im Rahmen dieser Arbeit nachgewiesen werden konnten, gehört unter anderem die Regulation des Differenzierungsprozesses von Photorezeptoren. Dies erfolgt durch die Verlängerung der transienten Islet2-Expressionsphase. Dadurch wird der Eintritt der Zellen in den letzten Abschnitt der Photorezeptorenreifung, welcher durch die Expression von Opsinen gekennzeichnet ist, verzögert. Im ausdifferenzierten Zustand übernimmt bFGF darüber hinaus eine Schutzfunktion vor Apoptose für die Photorezeptoren. bFGF wirkt jedoch nicht nur direkt auf bereits geborene Photorezeptoren und deren Vorläufer. Vielmehr reguliert es auch den Anteil dieses Zelltyps an der Gesamtpopulation von Retinazellen in den Sphäroiden. Dies wird offenbar dadurch erreicht, dass bFGF die Differenzierung von nicht determinierten Vor-läuferzellen in Richtung der inneren Retina verschiebt. Diese Verschiebung hat zur Folge, dass sich der Organisationsgrad der IPL-Bereiche in den Reaggregaten erhöht. An diesem Punkt ist es wichtig zu erwähnen, dass diesen histotypischen Bereichen der Sphäroide in vorangegangenen Arbeiten bislang wenig Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Dabei hat die Vermessung der Zirkularität von Sphäroiden an den unterschiedlichen Kulturtagen gezeigt, dass ihnen u. a. eine entscheidende Rolle bei der morphologischen Entwicklung der Sphäroide zukommt. Somit kann auch diese neue Methode als ein Erfolg angesehen werden. Durch bestimmte Stoffe induzierte Veränderungen der IPL-Bereiche können mit ihrer Hilfe bereits vor der Analyse von Antikörperfärbungen festgestellt werden. Aber nicht nur über die Rolle der IPL-Bereiche bei der morphologischen Entwicklung, auch über ihre innere Strukturierung konnten im Rahmen dieser Arbeit neue Erkenntnisse erlangt werden. Tatsächlich weisen diese histotypischen Strukturen deutlich größere Übereinstimmungen mit der in vivo Situation auf, als bislang angenommen wurde. Dies konnte im Rahmen dieser Arbeit unter anderem an der erstmals gezeigten Entwicklung der für die Vogelretina charakteristischen drei Typen von cholinergen Amakrinzellen gezeigt werden. All diese Ergebnisse machen erneut deutlich, dass es sich bei Rosettensphäroiden um ein Kultursystem handelt, mit dem sich sowohl die Entwicklung der Retina als Ganzes, als auch der Einfluss von einzelnen Zytokinen auf diesen Prozess nachvollziehen lässt. Dass sich im Hinblick auf den letzten Punkt teilweise deutliche Abweichungen zu bereits publizierten Daten aus zweidimensionaler Kulturtechnik zeigen, unterstreicht die Bedeutung der dreidimensionalen Kultivierung von Zellen und deren fortlaufende Weiterentwicklung bezüglich Methodik und Auswertung noch einmal zusätzlich. Vor diesem Hintergrund sind die Resultate des letzten Teils dieser Arbeit als wichtige methodische Fortschritte in der Sphäroid-Technologie zu werten. Hier wurde gezeigt, dass die Kultivierung von dissoziierten Retinazellen eine geeignete Technik ist, um die Bildung von Rosettensphäroiden mit den für sie charakteristischen histotypischen Strukturen herbeizuführen. Somit ist von nun an eine Methode verfügbar, die eine kontinuierliche mikroskopische Betrachtung des Reaggregationsprozesses und der sich anschließenden Entwicklung von histotypischen Strukturen möglich macht. Auch die hier ebenfalls vorgestellte Variante, bei der vorher in Rotationskultur gebildete Sphäroide ausplattiert werden, ist dafür geeignet. Die Kombination aller in dieser Arbeit vorgestellten Ergebnisse eröffnet den Ausblick auf vielfältige Möglichkeiten für die Nutzung von Sphäroidkulturen in der Zukunft. Zu den ver-besserten Methoden zur Auswertung der Einflüsse von Wachstumsfaktoren und anderen biologisch wirksamen Substanzen auf die Retinogenese in vitro, kommt nun zusätzlich ein verbessertes Verständnis der Bildungen von IPL-Bereichen in Sphäroiden hinzu. Im Rahmen dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass durch bFGF innerhalb von 24 Stunden Aktivitäten in einer regional begrenzten Zellpopulation eines bestimmten Zelltyps induziert werden, wo-durch die laminäre Strukturierung der Sphäroide deutlich gefördert wird. Durch die Kombination dieser Ergebnisse mit denen aus den hängenden Tropfen, rückt die mikroskopische real-time-Analyse der Bildung und Strukturierung von IPL-Bereichen in vitro in greifbare Nähe. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse sollten sich nicht nur für das Verständnis der Entwicklung ebendieser Struktur in vivo, sondern auch für die Züchtung von Retinagewebe in vitro als hilfreich erweisen. |
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