Zum Einfluss von experimentell induzierten katabolen, hyperglykämischen und hyperinsulinämischen Stoffwechselzuständen auf die Konzentrationsverläufe von Metaboliten des Energie- und Proteinstoffwechsels sowie von Insulin und Glucagon im Blutplasma beim Huhn

Die vorliegende Untersuchung an noch legeinaktiven Hennen (n=116; Lohmann Classic Brown) sollte mittels wiederholten Blutentnahmen vor, während und nach diversen tierexperimentellen Eingriffen in den Energiestoffwechsel der Hennen (jeweils n≥10) einen differenzierten Einblick in den Glucose- (und...

Full description

Bibliographic Details
Main Author: Mandetzky, Judith Maria
Format: Others
Published: Ludwig-Maximilians-Universität München 2014
Subjects:
Online Access:http://edoc.ub.uni-muenchen.de/16707/1/Mandetzky_Judith_Maria.pdf
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:19-167078
Description
Summary:Die vorliegende Untersuchung an noch legeinaktiven Hennen (n=116; Lohmann Classic Brown) sollte mittels wiederholten Blutentnahmen vor, während und nach diversen tierexperimentellen Eingriffen in den Energiestoffwechsel der Hennen (jeweils n≥10) einen differenzierten Einblick in den Glucose- (und Energie-) Stoffwechsel und dessen hormonale Regulation ermöglichen. So wurden zu diesem Zweck unterschiedlich ausgeprägte katabole Stoffwechselsituationen induziert: nüchtern (16 h) mehrtägig hungernd (96 h), mehrtägig hungernd (96 h) und mittels mehrmaligen Phlorizininjektionen (0,4 g/kg LM s.c.) glucosuretisch. In einem Tagesprofil (8:00-20:00) wurde der Konzentrationsverlauf von Glucose, von Metaboliten des Fettstoffwechsels (FFS, ßHB) und des Proteinstoffwechsels (Harnsäure) sowie von Insulin und Glucagon erstellt. Ein während dieser katabolen Zustände jeweils durchgeführter i.v.-Glucosetoleranztest (0,5 g/kg LM) sollte Einblick in die jeweils vorherrschende Glucoseelimination aus dem Blut und in die dabei induzierten hyperglykämischen Auswirkungen auf die Ausschüttung von Insulin und Glucagon ermöglichen. Bei nüchternen Hennen sollte mittels i.v. Glucose-Mehrfachinjektionen (0,5 g/kg LM iv) und der dadurch für zwei Stunden anhaltend erhöhten Glucoseverfügbarkeit im Blut deren Auswirkungen auf die Konzentration der bereits genannte Metabolite und Hormone im Blut dargestellt werden. Um die Wirkung einer experimentell erhöhten Insulinverfügbarkeit im Energiestoffwechsel, und zwar unbeeinflusst von einer exogenen Glucosezufuhr, bei nüchternen und hungernden Tieren darstellen zu können, wurde Tolbutamid (20mg/kg LM) i.v. injiziert und dessen Auswirkungen auf den Konzentrationsverlauf der bereits genannten Metabolite und Hormone im Blut sowie auf die Glucoseelimination aus dem Blut im Toleranztest untersucht. Als Vergleichssituation für alle Ergebnisse bei den oben genannten tierexperimentellen Maßnahmen diente der Nüchtern-Zustand (16 h) der Hennen. Folgende Ergebnisse wurden erzielt: 4-tägiges Hungern führt im Tagesprofil zu einem tendenziellen Anstieg der Blutglucose (12,09 mmol/l bei nüchternen Tieren vs 12,95 mmol/l bei hungernden Tieren) sowie zu einer Erhöhung der Konzentrationen von Insulin (0,56 μg/l vs 1,32 μg/l) und Harnsäure (214,9 μmol/l vs 321,7 μmol/l). Der Spiegel von ßHB (1,97 mmol/l vs 2,4 mmol/l) ist nurgeringfügig höher und der Spiegel der FFS (0,775 mmol/l vs 0,605 mmol/l) ist geringfügig niedriger im Vergleich zu nüchternen Tieren, während der Glucagonspiegel (531,8 ng/l vs 510,7 ng/l) unverändert ist. Eine durch Glucosurie verschärfte viertägige Hungersituation führt zu niedrigeren Glucose- (12,23 mmol/l) und Insulinspiegeln (0,41μg/l), einem erhöhten FFS- (0,633 mmol/l) und Harnsäurespiegel (391,6 μmol/l) und einem stark erhöhten ßHB-Spiegel (6,55 mmol/l). Glucagon ist unverändert (497,3 ng/l). Offensichtlich nutzen massiv hungernde Tiere nach 4 Tagen Hungern überwiegend Fettreserven (FFS-Oxidation) als Energiequelle, wodurch der metabolische Glucoseverbrauch erheblich reduziert werden kann. Dies zusammen mit einer deutlichen Steigerung der Gluconeogenese aus Aminosäuren dürfte dazu beitragen, dass die Glucosehomeostase auf Nüchtern-Niveau gehalten werden kann. Von hormoneller Seite wird dies offensichtlich durch einen konstanten Glucagonspiegel bei gleichzeitiger Insulinresistenz gefördert. Unterstützt wird diese Vorstellung eines durch die FFSOxidation (hohe Ketogeneserate) getragenen Energiestoffwechsels und einer durch die Gluconeogenese ganz maßgeblich getragenen Glucosehomeostase durch die Ergebnisse der glucosuretisch verschärften Hungersituation. Im Glucosetoleranztest bei nüchternen Hennen zeigt sich ein schneller Anstieg der Glucose- (12,14 mmol/l auf 26,21 mmol/l) und der Insulin- (0,93 μg/l auf 4,1μg/l) Konzentration im Blut sowie ein vorübergehender Abfall von Glucagon (547,6 ng/l auf 168,9 ng/l), FFS (0,609 mmol/l auf 0,318 mmol/l) und ßHB (0,91 mmol/l auf 0,48 mmol/l). Der Harnsäurespiegel ist unverändert. 4-tägiges Hungern ebenso wie glucosuretisches Hungern verursacht eine signifikant verzögerte Glucoseelimination (T1/2 von 8,64 min auf 12,47 min bzw. 12,3 min). Die Lipolyse-hemmende Wirkung der induzierten Hyperinsulinämie, erkennbar am Abfall des FFS-Spiegel, ist bei den hungernden sowie den hungernden und glucosuretischen Tieren vermindert (52 % bzw. 59 %). Wegen der vorübergehenden i.v. erhöhten Glucoseverfügbarkeit sinkt der Spiegel von ßHB bei hungernden Tieren auf das Nüchternniveau ab (25 %). Bei glucosuretischen Tieren ist die iv-induzierte Glucoseverfügbarkeit zusätzlich belastet, so dass der stark erhöhte ßHB-Spiegel nur mäßig (58 %) gesenkt wird. Der Harnsäurespiegel lässt sich bei keinem der induzierten Stoffwechselzustände durch die Glucoseinjektion beeinflussen. Eine durch Glucose-Mehrfachinjektionen erhöhte i.v. Glucoseverfügbarkeit bei nüchternen Tieren verursacht im nachfolgenden Glucosetoleranztest ein erniedrigtes Insulinmaximum (3,11 μg/l ), aber eine nur geringgradig verzögerte Glucoseelimination aus dem Blutplasma(T1/2 8,83 min vs 8,64 min). Im Vergleich zu ausschließlich nüchternen Hennen führen wiederholte Glucosegaben zu einer Absenkung der Spiegel von ßHB und FFS. Auch der Glucagonspiegel erfährt eine deutliche Absenkung. Tolbutamid induziert ebenso wie beim Mensch auch beim Huhn eine vorübergehende Hyperinsulinämie. Auch wenn im Vergleich zum Glucosestimulus das Insulinmaximum schwächer ausgeprägt ist, wird im Hungerzustand doch ebenfaqlls eine Reduktion in der Insulinantwort sichtbar im Vergleich zu nüchternen Tieren. Die gleichzeitige Senkung des Blutzuckerspiegels ist nur mäßig (50 % des Ausgangswertes bei nüchternen Tieren, 58 % bei hungernden Tieren). Trotz der geringeren Insulinausschüttung nach Tolbutamidapplikation wird der Glucagonspiegel ähnlich wie im Glucosetoleranztest abgesenkt. Eine zusätzliche hemmende Wirkung auf die Glucagonsekretion durch Tolbutamid scheint möglich. Der Spiegel der FFS im Blutplasma nach Tolbutamidgabe wird analog zu den Ergebnissen nach Glucoseinjektion durch den jeweiligen Insulinkonzentrationsanstieg gesenkt, wobei wiederum dieser Effekt bei den hungernden Tieren geringer ausfällt. Dies zusammen mit der nur mäßigen Insulinwirkung auf den Glucosespiegel kann als weiterer Beleg für das Vorhandensein einer Insulinresistenz im Hungerzustand gewertet werden. Der Befund, dass der ßHB-Spiegel trotzt weitgehend unveränderter Glucoseverfügbarkeit nach 30 min sinkt und erniedrigt bleibt, lässt eine Hemmung der Ketogenese durch Tolbutamid möglich erscheinen. Alle Ergebnisse werden unter Einbindung des bisher publizierten Kenntnisstandes zum Energiestoffwechsel und dessen hormonaler Regulation beim Huhn diskutiert. Dabei deuten viele Fakten, auch aus der vorliegenden Untersuchung, darauf hin, dass der Stoffwechsel des Huhnes „Glucagon-getragen“ ist. So überschreiten im Blut die Spiegel von Glucagon die von Insulin oftmals deutlich, was vermuten lässt, dass Vögel normalerweise in einer katabolen, Glucose sparendenden Stoffwechselsituation leben, vergleichbar mit der bei diabetischen, hungernden oder körperlich aktiven Säugetieren. Wahrscheinlich resultiert aus dieser speziellen Stoffwechselsituation heraus der besonders hohe Normal-Blutzuckerspiegel der Vögel und gleichzeitig die Fähigkeit, auch unter diversen Belastungen des Energiehaushaltes (z.B. nüchtern, hungernd, glucosuretisch) den Glucosespiegel unverändert hoch zu halten. === In the present study the changes in glucose and energy metabolism and its hormonal regulation under different experimentally induced metabolic states were examined in not yet laying hens (n=116; Lohmann Classic Brown) by use of repeated blood samples. Various catabolic metabolic states were induced: fasting (16 h), starving (96 h), and starving with glucosuria caused by several phlorizin injections (0.4 g/kg BW s.c.). The changes in concentration of glucose, of metabolites of fat metabolism (NEFA, ßHBA), of protein metabolism (uric acid) and of insulin and glucagon were measured over the day (8:00-20:00). A glucose tolerance test (0.5 g/kg BW i.v.) was performed under the mentioned catabolic states. By this test the actual glucose elimination from the blood and the induced hyperglycemic effects on the secretion of insulin and glucagon were examined. In an additional part of the study, fasting hens received several intravenous glucose injections over a period of two hours (0.5g/kg BW) thus producing a permanently increased glucose level in the blood. The effects of this experimentally induced glucose availability on the concentration of the mentioned metabolites and hormones were then investigated. To illustrate the effect of an experimentally increased insulin availability on energy metabolism independent of an exogenous glucose dose, tolbutamide (20 mg/kg BW) was injected intravenously in fasting and starving hens. The effects of the drug on the concentration curves of the mentioned metabolites and hormones in the blood as well as the glucose elimination during a glucose tolerance test were examined. The fasting condition (16 h) of the hens served as reference for all experimentally induced states. The following results were achieved: Four days of starving led to a tendential increase in blood glucose over the day (12.09 mmol/l with fasting hens vs 12.95 mmol/l with starving hens) and to an increase of the concentration of insulin (0.56 μg/l vs 1.32 μg/l) and uric acid (214.9 μmol/l vs 321.7μmol/l). The level of ßHBA was slightly increased (1.97 mmol/l vs 2.4 mmol/l) and the level of NEFA was slightly diminished (0.775 mmol/l vs 0.605 mmol/l) in comparison to fasting hens, whereas the level of glucagon was unchanged (531.8 ng/l vs 510.7 ng/l). Starving with glucosuria led to diminished levels of glucose (12.23 mmol/l) and insulin (0.41μg/l), an increased level of NEFA (0.633 mmol/l) and uric acid (391.6 μmol/l) and a massively increased level of ßHBA (6.55 mmol/l). The level of glucagon was unchanged (497.3 ng/l). Obviously, starving hens predominantly use fat reserves (NEFA-oxidation) as energy source after four days of fasting, thus reducing the metabolic glucose expenditure. This, in combination with a distinct augmentation of gluconeogenesis from amino acids, allowed a glucose homeostasis on fasting level. It seemed that this was supported by a constant glucagon level and, simultaneously, an insulin resistance. The results of the examination of the starving hens with glucosuria confirmed the idea of an energy metabolism maintained by NEFA-oxidation (high ketogenesis rate) and a glucose homeostasis maintained heavily by gluconeogenesis. During the glucose tolerance test in fasting hens there was a fast increase of the glucose (12.14 mmol/l to 26.21 mmol/l) and insulin (0.93 μg/l to 4.1μg/l) concentrations in the blood combined with a transient decrease of glucagon (547.6 ng/l to 168.9 ng/l), NEFA (0.609 mmol/l to 0.318 mmol/l) and ßHBA (0.91 mmol/l to 0.48 mmol/l). The level of uric acid was unchanged. Starving and starving with glucosuria caused a significantly delayed glucose elimination (T1/2: 8.64 min to 12.47 min / 12.3 min). The lipolysis inhibiting effect of the induced hyperinsulinemia, visible in the decrease of the NEFA-level, was diminished in starving hens and starving hens with glucosuria. With starving hens, the level of ßHBA fell to the level of fasting hens because of the transiently increased blood glucose. The induced glucose availability was reduced in starving hens with glucosuria, so the level of ßHBA was only slightly decreased. The level of uric acid was not influenced by the glucose injection in any of the induced metabolic states. An intravenous glucose availability increased by previous multiple glucose injections led to a reduced insulin maximum (3.11 μg/l ) during a glucose tolerance test in fasting hens, but only to slightly delayed glucose elimination (T1/2 8,83 min vs 8,64 min). In comparison with only fasting hens repeated glucose doses led to a decrease of the levels of ßHBA, NEFA and the level of glucagon. Tolbutamide induced a transient hyperinsulinemia. Although the insulin maximum was less distinct than after a glucose dose, a diminution in the insulin secretion in the starvingstate was visible. However, the simultaneous decrease of the glucose level was only small. Despite the lower insulin secretion after a tolbutamide injection the glucagon level was as distinctly decreased as after a glucose injection. An additionally inhibiting effect of tolbutamide itself on the glucagon secretion seemed possible. After a tolbutamide injection, the decrease of the NEFA level caused by an increase of insulin concentration was as distinct as after a glucose injection. Again, the effect was less distinct in starving hens. Even more, the effect of insulin on the glucose level was only moderate thus postulating again the existence of an insulin resistance in the starving state. The fact that the level of ßHBA was still falling after 30 minutes despite a broadly similar glucose availability and stayed further decreased, let an inhibition of ketogenesis by tolbutamide seem possible. The results of this study were discussed on the basis of the present state of knowledge of the energy metabolism and its hormonal regulation in the hen. Many facts described in publications and likewise found in the present study, indicate that the metabolism of the hen is dominated by glucagon. The level of glucagon in blood is often much higher than the level of insulin. Therefore it can be assumed that birds usually live in a catabolic, glucose saving metabolic state, comparable to diabetic, starving or physically active mammals. This special metabolic situation probably causes the particular high normal blood glucose level of birds and enables them to keep the glucose level constantly high even under different metabolic conditions (fasting, starving, glucosuria).