Recht als Übersetzung

Die Erkenntnis, dass der Staat nicht die einzige Quelle von Recht ist, verbreitet sich zusehends auch in der Rechtswissenschaft. Die Vielfalt normativer Ordnungen wird gewöhnlich mit dem Begriff "Rechtspluralismus" beschrieben. In der Rechtspluralismusforschung besteht weitgehend Einigkei...

Full description

Bibliographic Details
Main Author: Schneider, Tillmann
Other Authors: Baer, S.
Format: Doctoral Thesis
Language:German
Published: Humboldt-Universität zu Berlin, Juristische Fakultät 2016
Subjects:
Online Access:http://edoc.hu-berlin.de/18452/18240
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:kobv:11-100239765
http://dx.doi.org/10.18452/17588
Description
Summary:Die Erkenntnis, dass der Staat nicht die einzige Quelle von Recht ist, verbreitet sich zusehends auch in der Rechtswissenschaft. Die Vielfalt normativer Ordnungen wird gewöhnlich mit dem Begriff "Rechtspluralismus" beschrieben. In der Rechtspluralismusforschung besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass normative Ordnungen nicht parallel nebeneinander und unabhängig voneinander koexistieren, sondern dass diese sich wechselseitig beeinflussen. Dieses Miteinander kann konfliktreich wie auch kooperativ sein, es kann zum Transfer von Normen und Vorstellungen, aber auch zu Widerstand und Abgrenzung kommen. Diese Arbeit leistet einen Beitrag zur interdisziplinären Rechtsforschung, indem sie Austauschprozesse zwischen verschiedenen normativen Ordnungen analysiert. Hierbei wird "Übersetzen" als maßgebliche Praxis des Rechtspluralismus verstanden und ein methodischer Zugang angeboten, um Austauschprozesse machtsensibel zu analysieren. Am Beispiel Ghanas wird untersucht, wie die Anerkennung von Recht nicht-staatlichen Ursprungs in der Rechtsprechung staatlicher Gerichte praktiziert wird. Ghana ist nicht nur durch eine Vielzahl verschiedener Gesellschaften, sondern auch durch die Koexistenz unterschiedlicher normativer Ordnungen geprägt. Neben dem zur Zeit des britischen Kolonialismus eingeführten Common Law werden zahlreiche lokale Gewohnheitsrechte vom Staat als Rechtsquelle anerkannt. Über den ghanaischen Kontext hinaus ergeben sich auch allgemeine Fragen zum Umgang mit gesellschaftlicher Vielfalt und den damit einhergehenden Konflikten. === Jurisprudence acknowledges more and more that the state is not the only source for legal norms. The diversity of normative orders is usually described with the term "legal pluralism". Scholarship on legal pluralism emphasizes that normative orders do not exist parallel and independently from each other, but that they influence each other mutually. The relationship can be conflictual but also cooperative, there can be transfers of norms and ideas, but also resistance and dissociation. This study contributes to inter-disciplinary jurisprudence by analysing transfer processes between normative orders. It understands "translation" as essential practice of legal pluralism and offers a methodological approach to analyse transfer processes sensitively to power. Using the example of Ghana the study explores how state courts practice the recognition of non-state law. Ghana is characterised not only by the coexistence not only of different cultures, but of different normative orders as well. Next to the common law which had been introduced by British colonialism there is a plurality of local customary laws that are officially recognised as law by the state. This situation raises questions beyond the Ghanaian context on how to deal with social diversity and the conflicts the come along with it.