Enthospitalisierung geistig behinderter Langzeitpatienten aus dem Sächsischen Krankenhaus für Psychiatrie und Neurologie Altscherbitz

Thesen 1. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Enthospitalisierung geistig behinderter Langzeitpatienten aus dem Sächsischen Krankenhaus für Psychiatrie und Neurologie Altscherbitz. Inhaltliche Schwerpunkte der Untersuchung sind die Lebensqualität, die soziale Integration und die Rehospi...

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Bibliographic Details
Main Author: Schneeberger, Ute
Other Authors: Technische Universität Dresden, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus
Format: Doctoral Thesis
Language:deu
Published: Saechsische Landesbibliothek- Staats- und Universitaetsbibliothek Dresden 2011
Subjects:
Online Access:http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:14-qucosa-67827
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:14-qucosa-67827
http://www.qucosa.de/fileadmin/data/qucosa/documents/6782/Promotion_SLUB.pdf
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geistig Behinderte
NOSIE
Berliner Lebensqualitätsprofil
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intellectually disabled
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rvk:YH 2204
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Berliner Lebensqualitätsprofil
dehospitalization
intellectually disabled
mentally handicapped
ddc:610
rvk:YH 2204
Schneeberger, Ute
Enthospitalisierung geistig behinderter Langzeitpatienten aus dem Sächsischen Krankenhaus für Psychiatrie und Neurologie Altscherbitz
description Thesen 1. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Enthospitalisierung geistig behinderter Langzeitpatienten aus dem Sächsischen Krankenhaus für Psychiatrie und Neurologie Altscherbitz. Inhaltliche Schwerpunkte der Untersuchung sind die Lebensqualität, die soziale Integration und die Rehospitalisierungen nach der Entlassung. 2. Es wurden 65 ehemalige Patienten auf der Grundlage der Krankenakte zum Enthospitalisierungszeitpunkt (zwischen 1991 und 1999) und anhand eines persönlichen Interviews und einer Aktenanalyse zum Erhebungszeitpunkt (2003) untersucht. Zur Kerndatenerfassung wurde ein standardisierter zweiteiliger Erhebungsbogen erarbeitet. Dabei wurden neben soziodemografischen und krankheitsbezogenen Daten das Geschlecht, das Alter und die Hospitalisierungsdauer einbezogen. Darüber hinaus kam das Berliner Lebensqualitätsprofil, ein daraus abgeleiteter Score für soziale Integration, die Nurses Observation Scale for Inpatients (NOSIE) und der Fragebogen zur Erfassung des individuellen Hilfebedarfs im Bereich Wohnen (HMBW) zur Anwendung. 3. Obwohl sie einen großen Anteil der Populationen von Langzeitpatienten ausmachten, fanden die geistig Behinderten in der psychiatrischen Forschung bisher nur wenig Beachtung. Es wurden deshalb auch Erkenntnisse aus anderen Fachgebieten, wie der Geistigbehindertenpädagogik, berücksichtigt. 4. Die hier untersuchten ehemaligen Patienten unterscheiden sich bezüglich soziodemografischer, biografischer und medizinischer Daten von der sonst in psychiatrischen Enthospitalisierungsstudien erfassten Klientel mit überwiegend schizophrenen Erkrankungen. Die geistig Behinderten wurden sehr früh, 72% vor dem 20. Lebensjahr, hospitalisiert. Die durchschnittliche Verweildauer betrug 28 Jahre (Range sechs bis 67 Jahre). Über die Hälfte der Patienten verblieben beim ersten stationären Aufenthalt dauerhaft in der Klinik. 19 Patienten hatten eine leichte, 46 eine mittelgradige geistige Behinderung. In 19 Fällen bestand eine neurologisch-psychiatrische Komorbidität, darunter acht Schizophrenien und acht Epilepsien. 62 Personen befanden sich zum Erhebungszeitpunkt in stationären Heimeinrichtungen mit 24-Stunden-Betreuung, zwei lebten in einer Außenwohngruppe eines Wohnheims und ein Patient war im Maßregelvollzug untergebracht. 5. Sie wiesen in der individuellen Lebensgestaltung (Bereich Wohnen) überwiegend einen sehr geringen bis geringen Hilfebedarf auf. Unterstützung war vor allem bei der Regelung finanzieller und rechtlicher Angelegenheiten erforderlich sowie beim Umgang mit fremden Personen und der Organisation von Terminen. 6. In dieser Arbeit wurden die geistig Behinderten selbst zu ihrer Lebensqualität befragt. Dazu liegen bisher nur wenige Erfahrungen vor. Es zeigten sich überwiegend sehr hohe Zufriedenheitswerte, die im Vergleich zu anderen psychiatrischen Enthospitalisierungsstudien noch höher lagen. Niedrigere Zufriedenheitswerte wurden nur im Bereich der finanziellen Situation geäußert und einige Probanden wünschten sich mehr Kontakt zu den Angehörigen. Bezüglich der objektiven Daten fällt auf, dass ein hoher Anteil (72%) einer Beschäftigung, meist in einer WfB, nachging. Die Freizeit wurde von vielen Bewohnern aktiv verbracht, z.B. verließen 95% regelmäßig die Wohnung und waren im Jahr vor der Erhebung 91% verreist gewesen. Über die Hälfte war in Einzelzimmern untergebracht, nur noch eine Bewohnerin in einem Mehrbettzimmer. 70% bejahten die Frage nach einem guten Freund. Kontakte zu „Normalbürgern“ wurden nur von 9% angegeben. 7. Es wurden verschiedene Einflußfaktoren auf die Lebensqualität analysiert, wobei sich jeweils nur wenige signifikante Unterschiede fanden. A) Alter zum Enthospitalisierungszeitpunkt: Die unter 50jährigen Bewohner hatten häufiger Kontakt zur Familie und einem Freund. Nur in dieser Gruppe gab es Kontakte zu „Normalbürgern“. B) Zeitdauer, die nach der Enthospitalisierung vergangen ist: Die länger Enthospitalisierten (>4 Jahre) gingen häufiger einer Arbeit nach und waren in der Freizeit aktiver. Sie hatten häufiger einen Freund. In der am längsten enthospitalisierten Gruppe war die Zufriedenheit mit der finanziellen Lage und der Aussicht, noch lange in der Einrichtung zu verbleiben, geringer. C) Hospitalisierungsdauer: Die kürzer Hospitalisierten (bis 40 Jahre kumulative Dauer) unterschieden sich von den länger Hospitalisierten darin, dass sie häufiger einer Arbeit nachgingen und in der Freizeit aktiver waren, sie hatten häufiger einen Freund. 8. Anhand des Scores für soziale Integration konnte eine Gruppe besser Integrierter und ein Gruppe schlechter Integrierter gebildet werden. Sie unterschieden sich signifikant hinsichtlich folgender Parameter: Die besser Integrierten waren jünger und kürzer hospitalisiert. Sie erreichten in der NOSIE höhere Werte für soziales Interesse und niedrigere Werte für Retardierung. Der Anteil mittelgradiger Intelligenzminderungen war höher. Sie waren länger enthospitalisiert. 9. 18 Bewohner mussten nach der Enthospitalisierung erneut stationär psychiatrisch behandelt werden, konnten aber nach Krisenintervention wieder entlassen werden. Die Rehospitalisierten unterschieden sich von den übrigen Bewohnern in folgenden Merkmalen: Die kumulative Dauer der Hospitalisierung war kürzer (23 Jahre vs. 31 Jahre). In der NOSIE wiesen sie höhere Werte betreffend das Item „Reizbarkeit“ auf. 10. Die Ergebnisse belegen, dass die Enthospitalisierung der hier untersuchten leicht und mittelgradig geistig Behinderten überwiegend erfolgreich war. Sowohl aus den hier gewonnenen Erkenntnissen, als auch in Übereinstimmung mit der psychiatrischen und sonderpädagogischen Literatur läßt sich weiterer Handlungsbedarf für Praxis und Forschung ableiten. Der Prozess der Ent-Institutionalisierung sollte zukünftig fortgesetzt und wissenschaftlich begleitet werden. Psychiatrische und sonderpädagogische Fachleute sollten hierbei im Interesse der geistig Behinderten kooperieren.
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Zur Kerndatenerfassung wurde ein standardisierter zweiteiliger Erhebungsbogen erarbeitet. Dabei wurden neben soziodemografischen und krankheitsbezogenen Daten das Geschlecht, das Alter und die Hospitalisierungsdauer einbezogen. Darüber hinaus kam das Berliner Lebensqualitätsprofil, ein daraus abgeleiteter Score für soziale Integration, die Nurses Observation Scale for Inpatients (NOSIE) und der Fragebogen zur Erfassung des individuellen Hilfebedarfs im Bereich Wohnen (HMBW) zur Anwendung. 3. Obwohl sie einen großen Anteil der Populationen von Langzeitpatienten ausmachten, fanden die geistig Behinderten in der psychiatrischen Forschung bisher nur wenig Beachtung. Es wurden deshalb auch Erkenntnisse aus anderen Fachgebieten, wie der Geistigbehindertenpädagogik, berücksichtigt. 4. Die hier untersuchten ehemaligen Patienten unterscheiden sich bezüglich soziodemografischer, biografischer und medizinischer Daten von der sonst in psychiatrischen Enthospitalisierungsstudien erfassten Klientel mit überwiegend schizophrenen Erkrankungen. Die geistig Behinderten wurden sehr früh, 72% vor dem 20. Lebensjahr, hospitalisiert. Die durchschnittliche Verweildauer betrug 28 Jahre (Range sechs bis 67 Jahre). Über die Hälfte der Patienten verblieben beim ersten stationären Aufenthalt dauerhaft in der Klinik. 19 Patienten hatten eine leichte, 46 eine mittelgradige geistige Behinderung. In 19 Fällen bestand eine neurologisch-psychiatrische Komorbidität, darunter acht Schizophrenien und acht Epilepsien. 62 Personen befanden sich zum Erhebungszeitpunkt in stationären Heimeinrichtungen mit 24-Stunden-Betreuung, zwei lebten in einer Außenwohngruppe eines Wohnheims und ein Patient war im Maßregelvollzug untergebracht. 5. Sie wiesen in der individuellen Lebensgestaltung (Bereich Wohnen) überwiegend einen sehr geringen bis geringen Hilfebedarf auf. Unterstützung war vor allem bei der Regelung finanzieller und rechtlicher Angelegenheiten erforderlich sowie beim Umgang mit fremden Personen und der Organisation von Terminen. 6. In dieser Arbeit wurden die geistig Behinderten selbst zu ihrer Lebensqualität befragt. Dazu liegen bisher nur wenige Erfahrungen vor. Es zeigten sich überwiegend sehr hohe Zufriedenheitswerte, die im Vergleich zu anderen psychiatrischen Enthospitalisierungsstudien noch höher lagen. Niedrigere Zufriedenheitswerte wurden nur im Bereich der finanziellen Situation geäußert und einige Probanden wünschten sich mehr Kontakt zu den Angehörigen. Bezüglich der objektiven Daten fällt auf, dass ein hoher Anteil (72%) einer Beschäftigung, meist in einer WfB, nachging. Die Freizeit wurde von vielen Bewohnern aktiv verbracht, z.B. verließen 95% regelmäßig die Wohnung und waren im Jahr vor der Erhebung 91% verreist gewesen. Über die Hälfte war in Einzelzimmern untergebracht, nur noch eine Bewohnerin in einem Mehrbettzimmer. 70% bejahten die Frage nach einem guten Freund. Kontakte zu „Normalbürgern“ wurden nur von 9% angegeben. 7. Es wurden verschiedene Einflußfaktoren auf die Lebensqualität analysiert, wobei sich jeweils nur wenige signifikante Unterschiede fanden. A) Alter zum Enthospitalisierungszeitpunkt: Die unter 50jährigen Bewohner hatten häufiger Kontakt zur Familie und einem Freund. Nur in dieser Gruppe gab es Kontakte zu „Normalbürgern“. B) Zeitdauer, die nach der Enthospitalisierung vergangen ist: Die länger Enthospitalisierten (>4 Jahre) gingen häufiger einer Arbeit nach und waren in der Freizeit aktiver. Sie hatten häufiger einen Freund. In der am längsten enthospitalisierten Gruppe war die Zufriedenheit mit der finanziellen Lage und der Aussicht, noch lange in der Einrichtung zu verbleiben, geringer. C) Hospitalisierungsdauer: Die kürzer Hospitalisierten (bis 40 Jahre kumulative Dauer) unterschieden sich von den länger Hospitalisierten darin, dass sie häufiger einer Arbeit nachgingen und in der Freizeit aktiver waren, sie hatten häufiger einen Freund. 8. Anhand des Scores für soziale Integration konnte eine Gruppe besser Integrierter und ein Gruppe schlechter Integrierter gebildet werden. Sie unterschieden sich signifikant hinsichtlich folgender Parameter: Die besser Integrierten waren jünger und kürzer hospitalisiert. Sie erreichten in der NOSIE höhere Werte für soziales Interesse und niedrigere Werte für Retardierung. Der Anteil mittelgradiger Intelligenzminderungen war höher. Sie waren länger enthospitalisiert. 9. 18 Bewohner mussten nach der Enthospitalisierung erneut stationär psychiatrisch behandelt werden, konnten aber nach Krisenintervention wieder entlassen werden. Die Rehospitalisierten unterschieden sich von den übrigen Bewohnern in folgenden Merkmalen: Die kumulative Dauer der Hospitalisierung war kürzer (23 Jahre vs. 31 Jahre). In der NOSIE wiesen sie höhere Werte betreffend das Item „Reizbarkeit“ auf. 10. Die Ergebnisse belegen, dass die Enthospitalisierung der hier untersuchten leicht und mittelgradig geistig Behinderten überwiegend erfolgreich war. Sowohl aus den hier gewonnenen Erkenntnissen, als auch in Übereinstimmung mit der psychiatrischen und sonderpädagogischen Literatur läßt sich weiterer Handlungsbedarf für Praxis und Forschung ableiten. Der Prozess der Ent-Institutionalisierung sollte zukünftig fortgesetzt und wissenschaftlich begleitet werden. Psychiatrische und sonderpädagogische Fachleute sollten hierbei im Interesse der geistig Behinderten kooperieren. Saechsische Landesbibliothek- Staats- und Universitaetsbibliothek Dresden Technische Universität Dresden, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus Prof. Dr. med. habil. Thomas W. Kallert Prof. Dr. med. habil. Thomas W. Kallert Prof. Dr. med. T. Steinert 2011-05-23 doc-type:doctoralThesis application/pdf http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:14-qucosa-67827 urn:nbn:de:bsz:14-qucosa-67827 PPN371018455 http://www.qucosa.de/fileadmin/data/qucosa/documents/6782/Promotion_SLUB.pdf deu