Willkommen in Panorama Theresienstadt. Kinematographie und Zerstörung in der Stadt namens „Als Ob“ (Lesung H. G. Adlers)

In seinem Theresienstadt 1941-1945 beschreibt Hans Günther Adler Episoden aus dem Prozess des Filmens in Theresienstadt. Seine größte Aufmerksamkeit liegt dabei auf der Produktion des Films von 1944, den er zusammenfassend aufgrund seines Zwecks und seiner Durchführung „der grausige Filmkarneval” ne...

Full description

Bibliographic Details
Main Author: Irina Sandomirskaja
Format: Article
Language:ces
Published: Natascha Drubek 2016-10-01
Series:Apparatus. Film, Media and Digital Cultures of Central and Eastern Europe
Subjects:
Online Access:http://www.apparatusjournal.net/index.php/apparatus/article/view/48
id doaj-46bc5ddfd73a4743832045f2cbf72b37
record_format Article
spelling doaj-46bc5ddfd73a4743832045f2cbf72b372020-11-24T23:56:52ZcesNatascha DrubekApparatus. Film, Media and Digital Cultures of Central and Eastern Europe2365-77582016-10-0102-310.17892/app.2016.0002-3.4828Willkommen in Panorama Theresienstadt. Kinematographie und Zerstörung in der Stadt namens „Als Ob“ (Lesung H. G. Adlers)Irina SandomirskajaIn seinem Theresienstadt 1941-1945 beschreibt Hans Günther Adler Episoden aus dem Prozess des Filmens in Theresienstadt. Seine größte Aufmerksamkeit liegt dabei auf der Produktion des Films von 1944, den er zusammenfassend aufgrund seines Zwecks und seiner Durchführung „der grausige Filmkarneval” nennt. Bemerkenswerterweise widmet Adler ein ganzes Buchkapitel der Beschreibung des kulturellen Lebens von Theresienstadt, ohne dabei den Film in zusammen mit anderen Beispielen kultureller Ausdrucksformen zu nennen – die Beschreibung des Films ist in der administrativen Chronik von Theresienstadt eingegliedert. Der Film erhält einen Platz für sich innerhalb des Kontextes der bürokratischen Umgestaltung Theresienstadts von einem geschlossenen Lager zu einem „Ghetto“ und schließlich zu einer rein dekorativen „jüdischen Siedlung“ hin. Diese letztere Umgestaltung beschreibt Adler als Teil einer zynischen Kampagne zur „Verschönerung“ von Theresienstadt, im Zuge derer SS und Verwaltung versuchten, das Lager für internationale Beobachter vorzeigbar zu machen. Adler beschreibt den „grausigen Filmkarneval“ als Aushängeschild der Kampagne und schließt ihn so entschieden aus dem Bereich kultureller Phänomene aus, als würde er jede Möglichkeit zu seiner Entlastung ablehnen. Stattdessen schreibt er das Projekt in die administrative Logik der Vernichtung ein, wodurch das Filmen zu einer zusätzlichen – in ihrer Grausamkeit ideenreichen und effektiven – Technik moralischer Vernichtung in der Welt des „verwalteten Menschen” avanciert. In diesem Artikel werde ich Adlers Sicht auf das Bewegtbild als überwiegend administratives Mittel, nicht als Medium kulturellen Ausdrucks hervorheben. Diese Ansicht wird durchaus herausfordernd und komplex, wenn Adlers Zeugenbericht über das Filmprojekt in Theresienstadt in Zusammenhang mit seinen Überlegungen zu mechanisch reproduzierbaren und vor allem bewegten Bildern in Adlers fiktiven Werken gelesen wird. Ich werde mich gezielt mit Adlers Auseinandersetzung mit dem Bild und der Bildtechnologie in seinen Romanen Panorama und Eine Reise auseinandersetzen und dabei der Art und Weise, wie er das Verhältnis von Apparat, Erinnerung und Zeugnis ermisst, besondere Aufmerksamkeit schenken.http://www.apparatusjournal.net/index.php/apparatus/article/view/48hans günther adlercultural heritagecultural resistanceghetto culture and cinematographypanoramathe panorama principletheresienstadt ghettowitness literature
collection DOAJ
language ces
format Article
sources DOAJ
author Irina Sandomirskaja
spellingShingle Irina Sandomirskaja
Willkommen in Panorama Theresienstadt. Kinematographie und Zerstörung in der Stadt namens „Als Ob“ (Lesung H. G. Adlers)
Apparatus. Film, Media and Digital Cultures of Central and Eastern Europe
hans günther adler
cultural heritage
cultural resistance
ghetto culture and cinematography
panorama
the panorama principle
theresienstadt ghetto
witness literature
author_facet Irina Sandomirskaja
author_sort Irina Sandomirskaja
title Willkommen in Panorama Theresienstadt. Kinematographie und Zerstörung in der Stadt namens „Als Ob“ (Lesung H. G. Adlers)
title_short Willkommen in Panorama Theresienstadt. Kinematographie und Zerstörung in der Stadt namens „Als Ob“ (Lesung H. G. Adlers)
title_full Willkommen in Panorama Theresienstadt. Kinematographie und Zerstörung in der Stadt namens „Als Ob“ (Lesung H. G. Adlers)
title_fullStr Willkommen in Panorama Theresienstadt. Kinematographie und Zerstörung in der Stadt namens „Als Ob“ (Lesung H. G. Adlers)
title_full_unstemmed Willkommen in Panorama Theresienstadt. Kinematographie und Zerstörung in der Stadt namens „Als Ob“ (Lesung H. G. Adlers)
title_sort willkommen in panorama theresienstadt. kinematographie und zerstörung in der stadt namens „als ob“ (lesung h. g. adlers)
publisher Natascha Drubek
series Apparatus. Film, Media and Digital Cultures of Central and Eastern Europe
issn 2365-7758
publishDate 2016-10-01
description In seinem Theresienstadt 1941-1945 beschreibt Hans Günther Adler Episoden aus dem Prozess des Filmens in Theresienstadt. Seine größte Aufmerksamkeit liegt dabei auf der Produktion des Films von 1944, den er zusammenfassend aufgrund seines Zwecks und seiner Durchführung „der grausige Filmkarneval” nennt. Bemerkenswerterweise widmet Adler ein ganzes Buchkapitel der Beschreibung des kulturellen Lebens von Theresienstadt, ohne dabei den Film in zusammen mit anderen Beispielen kultureller Ausdrucksformen zu nennen – die Beschreibung des Films ist in der administrativen Chronik von Theresienstadt eingegliedert. Der Film erhält einen Platz für sich innerhalb des Kontextes der bürokratischen Umgestaltung Theresienstadts von einem geschlossenen Lager zu einem „Ghetto“ und schließlich zu einer rein dekorativen „jüdischen Siedlung“ hin. Diese letztere Umgestaltung beschreibt Adler als Teil einer zynischen Kampagne zur „Verschönerung“ von Theresienstadt, im Zuge derer SS und Verwaltung versuchten, das Lager für internationale Beobachter vorzeigbar zu machen. Adler beschreibt den „grausigen Filmkarneval“ als Aushängeschild der Kampagne und schließt ihn so entschieden aus dem Bereich kultureller Phänomene aus, als würde er jede Möglichkeit zu seiner Entlastung ablehnen. Stattdessen schreibt er das Projekt in die administrative Logik der Vernichtung ein, wodurch das Filmen zu einer zusätzlichen – in ihrer Grausamkeit ideenreichen und effektiven – Technik moralischer Vernichtung in der Welt des „verwalteten Menschen” avanciert. In diesem Artikel werde ich Adlers Sicht auf das Bewegtbild als überwiegend administratives Mittel, nicht als Medium kulturellen Ausdrucks hervorheben. Diese Ansicht wird durchaus herausfordernd und komplex, wenn Adlers Zeugenbericht über das Filmprojekt in Theresienstadt in Zusammenhang mit seinen Überlegungen zu mechanisch reproduzierbaren und vor allem bewegten Bildern in Adlers fiktiven Werken gelesen wird. Ich werde mich gezielt mit Adlers Auseinandersetzung mit dem Bild und der Bildtechnologie in seinen Romanen Panorama und Eine Reise auseinandersetzen und dabei der Art und Weise, wie er das Verhältnis von Apparat, Erinnerung und Zeugnis ermisst, besondere Aufmerksamkeit schenken.
topic hans günther adler
cultural heritage
cultural resistance
ghetto culture and cinematography
panorama
the panorama principle
theresienstadt ghetto
witness literature
url http://www.apparatusjournal.net/index.php/apparatus/article/view/48
work_keys_str_mv AT irinasandomirskaja willkommeninpanoramatheresienstadtkinematographieundzerstorunginderstadtnamensalsoblesunghgadlers
_version_ 1725456067722215424