Einführung
Das Zustandekommen der hier vorgelegten Beiträge zum Thema »Rechtsgewohnheiten« bedarf einer kurzen Erläuterung. Von dem Buch(1) Martin Pilchs, dessen – nun hier ausgearbeitet vorliegender – Vortrag(2) die ebenfalls in überarbeiteter Form wiedergegebene Diskussion einleitete, ging ein unerwarteter u...
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Max Planck Institute for Legal History and Legal Theory
2010-01-01
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Series: | Rechtsgeschichte - Legal History |
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Gerhard Dilcher |
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Gerhard Dilcher Einführung Rechtsgeschichte - Legal History MPIeR |
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Max Planck Institute for Legal History and Legal Theory |
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2010-01-01 |
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Das Zustandekommen der hier vorgelegten Beiträge zum Thema »Rechtsgewohnheiten« bedarf einer kurzen Erläuterung. Von dem Buch(1) Martin Pilchs, dessen – nun hier ausgearbeitet vorliegender – Vortrag(2) die ebenfalls in überarbeiteter Form wiedergegebene Diskussion einleitete, ging ein unerwarteter und ungewöhnlicher Anstoß für die Zunft der Rechtshistoriker und Historiker aus. Ein österreichischer Ministerialbeamter mit rechtstheoretischer Schulung, der aber auch Physiker und Mathematiker ist, wendet sich einer normtheoretischen Studie zu. In ihr spielt die mittelalterliche ungelehrte, weitgehend orale Rechtstradition als Forschungsfeld eine wichtige Rolle als Gegenbild zu einem einseitigen modernen Normverständnis. Innerhalb dieser Diskussion setzt sich Pilch intensiv, und von der Seite der Theorie kommend kritisch, mit einer rechtshistorischen Diskussion der letzten Jahrzehnte um den Begriff der Rechtsgewohnheit auseinander; er bezieht aber auch neue Erklärungsmodelle der Mittelalterhistoriker zu den Formen ritueller Konfliktbeilegung in der politischen Führungsschicht von Adel und Königtum (Gerd Althoff), sowie Erklärungsversuche vom Konzept der Ordnungskonfigurationen her (Stefan Weinfurter, Bernd Schneidmüller) in seine Überlegungen mit ein.
Dem provozierenden Stichwort »Rechtsgewohnheiten« im Titel des Buches von Martin Pilch ist es wohl zu verdanken, dass alle drei angesprochenen Forschungsrichtungen sehr bald den Kontakt mit dem Autor aufnahmen. Von Seiten der Rechtshistoriker führte dies im Januar 2010 zu einer Tagung in Frankfurt im Rahmen der International Max Planck Research School of Comparative Legal History / Internationales Forschungskolleg für vergleichende Rechtsgeschichte. Das Leitungsgremium, die Professoren der Rechtsgeschichte der Universität und des Max-Planck-Instituts, hatte meinen Vorschlag sogleich aufgenommen, die Kollegiaten haben die Tagung sorgfältig vorbereitet. Vor allem gelang es, alle von Pilch unmittelbar angesprochenen Rechtshistoriker, sozusagen die Alte Garde des entsprechenden Diskurses, auf der Tagung zu versammeln. Außerdem konnten wir eine Reihe jüngerer Kollegen, die auf den entsprechenden Gebieten gearbeitet haben, für eine Teilnahme und Diskussionsbeiträge gewinnen. Diese Stellungnahmen werden im Folgenden wiedergegeben. Wie auf der Tagung stehen hier die Äußerungen der jüngeren Generation, die nicht selbst an der Entwicklung des Diskurses beteiligt war, am Anfang (I). Dem folgen die Stellungnahmen der »Betroffenen« (II). Schließlich ergab sich im Anschluss an die Tagung die Möglichkeit, über den Rahmen der Tagung hinaus den Horizont noch weiter in Bezug auf andere Rechtskulturen auszuleuchten (III).
Die kleine Tagung war zunächst nur als Teil eines rein oralen wissenschaftlichen Diskurses geplant. Das auf der Tagung entworfene Bild wurde, sicher auch durch den Ansporn der beteiligten unterschiedlichen Sichtweisen und Temperamente, so farbig, differenziert und gehaltvoll, dass wir am Ende gemeinsam beschlossen, sie alle unter Führung des schärfer auf unsere rechtshistorische Problematik fokussierten Vortrags beziehungsweise Aufsatzes von Martin Pilch zu einer Veröffentlichung zusammenzufassen. Das großzügige Angebot, dafür kurzfristig diesen Band der »Rechtsgeschichte« zur Verfügung zu stellen, wurde dankbar angenommen und ermöglicht es, die Aspekte unserer Überlegungen an diesem prominenten Ort schon so bald in den wissenschaftlichen Diskurs einzubringen. Wir hoffen damit, dass die Frage, welchen Beitrag mündliche Traditionen und die Verhaltensweisen der Gesellschaft zur europäischen Rechtskultur geleistet haben und leisten, nicht so bald zur Ruhe kommt.
(1) Martin Pilch, Der Rahmen der Rechtsgewohnheiten. Kritik des Normensystemdenkens entwickelt am Rechtsbegriff der mittelalterlichen Rechtsgeschichte, Wien, Köln, Weimar 2009 [in den Debatte-Beiträgen zitiert: Pilch (2009)].
(2) Martin Pilch, Rechtsgewohnheiten aus rechtshistorischer und rechtstheoretischer Perspektive, in: Rg 17 (2010) 17–39 [zitiert: Pilch (2010)]. |
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