›Schreiben‹ als Differenz von Stille und Klang. Aspekte der musikalischen Form in Helmut Lachenmanns Schreiben. Musik für Orchester
In der vorliegenden Analyse von Helmut Lachenmanns Orchesterkomposition Schreiben. Musik für Orchester (2002–03, revidiert 2004/05) untersuche ich das Verhältnis von Klang und Form auf unterschiedlichen mikro- und makroformalen Ebenen aus einer rezeptionsästhetisch orientierten Perspektive. Musikali...
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Olms (only printed volumes 2003-2017)
2016-01-01
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doaj-2559afc34f93427abf4bcba0b33a4d312020-11-24T22:04:00ZdeuOlms (only printed volumes 2003-2017)Zeitschrift der Gesellschaft für Musiktheorie 1862-67422016-01-0113111714910.31751/876876›Schreiben‹ als Differenz von Stille und Klang. Aspekte der musikalischen Form in Helmut Lachenmanns Schreiben. Musik für OrchesterCosima LinkeIn der vorliegenden Analyse von Helmut Lachenmanns Orchesterkomposition Schreiben. Musik für Orchester (2002–03, revidiert 2004/05) untersuche ich das Verhältnis von Klang und Form auf unterschiedlichen mikro- und makroformalen Ebenen aus einer rezeptionsästhetisch orientierten Perspektive. Musikalische Form ereignet bzw. aktualisiert sich meiner Auffassung nach im Prozess der ästhetischen Erfahrung und ist weder als bloße Objekteigenschaft des musikalischen Phänomens noch als reine Erfahrungskategorie zu verstehen. Ausgehend von der die musikalische Form aktiv mitkonstituierenden Rolle der ästhetischen Erfahrung versuche ich eine analytische Annäherung an die musikalische Form von Schreiben unter drei zentralen Aspekten: (1) das Verhältnis von Kontinuität und Diskontinuität, (2) das Spiel mit klanglichem Vorder- und Hintergrund und (3) die Art und Weise der Zeitartikulation, die mit verschiedenen Modi der Zeiterfahrung korrespondiert. Hierbei unterscheide ich drei Typen der musikalischen Zeitartikulation (›amorphe‹, ›pulsierende‹ und ›koordinierte‹ Zeitartikulation) sowie drei Modi der musikalischen Zeiterfahrung (Präsenzhören, prozessuales und beziehendes Hören). Als ein zentrales ›Formproblem‹ von Schreiben sehe ich den Balanceakt im Spannungsfeld zwischen Kontinuität, Diskontinuität und Vernetzung und damit zwischen einer prozessualen, seriellen und strukturellen Form bzw. Formwahrnehmung an. Meine zentrale These ist, dass das Spiel mit und die Reflexion von unterschiedlichen Hörperspektiven gleichsam in das Stück hineinkomponiert sind. The presented analysis of Helmut Lachenmann’s orchestral composition Schreiben. Musik für Orchester (2002–03, revised 2004/05) examines the relationship between sound and form on different micro- and macroformal levels from a reception-oriented perspective. In my opinion, musical form is fashioned and continuously modified during the process of aesthetic experience. It is therefore neither conceived merely as a fixed attribute of the aesthetic object nor simply as a category of perception. Based on the active, form-articulating role of aesthetic experience, my approach to musical form in Schreiben is based on three aspects: (1) the relationship between continuity and discontinuity, (2) the play with the foreground and background of sound, and (3) the way musical time is articulated. The latter corresponds to different modes of perception of musical time of which I distinguish three types: ›amorphous‹, ›pulsating‹ and ›coordinated‹. Respectively three modes of time perception are introduced, namely presence-oriented, process-oriented and relation-generating listening. A major ›problem‹ of form in Schreiben is the balancing out of tension arising from the competing aspects of continuity, discontinuity and interconnectedness. Therefore, musical form in Schreiben is perceived as changing between process-oriented, serial and structural form. The analysis reveals form as a reflexive interplay between diverse listening perspectives inherent to the composition.https://storage.gmth.de/zgmth/pdf/876musical formmusikalische FormAnalyse und Wahrnehmunganalysis and perceptionmusique concrète instrumentaleTheodor W. AdornoHelmut LachenmannSchreiben. Musik für Orchester |
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In der vorliegenden Analyse von Helmut Lachenmanns Orchesterkomposition Schreiben. Musik für Orchester (2002–03, revidiert 2004/05) untersuche ich das Verhältnis von Klang und Form auf unterschiedlichen mikro- und makroformalen Ebenen aus einer rezeptionsästhetisch orientierten Perspektive. Musikalische Form ereignet bzw. aktualisiert sich meiner Auffassung nach im Prozess der ästhetischen Erfahrung und ist weder als bloße Objekteigenschaft des musikalischen Phänomens noch als reine Erfahrungskategorie zu verstehen. Ausgehend von der die musikalische Form aktiv mitkonstituierenden Rolle der ästhetischen Erfahrung versuche ich eine analytische Annäherung an die musikalische Form von Schreiben unter drei zentralen Aspekten: (1) das Verhältnis von Kontinuität und Diskontinuität, (2) das Spiel mit klanglichem Vorder- und Hintergrund und (3) die Art und Weise der Zeitartikulation, die mit verschiedenen Modi der Zeiterfahrung korrespondiert. Hierbei unterscheide ich drei Typen der musikalischen Zeitartikulation (›amorphe‹, ›pulsierende‹ und ›koordinierte‹ Zeitartikulation) sowie drei Modi der musikalischen Zeiterfahrung (Präsenzhören, prozessuales und beziehendes Hören). Als ein zentrales ›Formproblem‹ von Schreiben sehe ich den Balanceakt im Spannungsfeld zwischen Kontinuität, Diskontinuität und Vernetzung und damit zwischen einer prozessualen, seriellen und strukturellen Form bzw. Formwahrnehmung an. Meine zentrale These ist, dass das Spiel mit und die Reflexion von unterschiedlichen Hörperspektiven gleichsam in das Stück hineinkomponiert sind.
The presented analysis of Helmut Lachenmann’s orchestral composition Schreiben. Musik für Orchester (2002–03, revised 2004/05) examines the relationship between sound and form on different micro- and macroformal levels from a reception-oriented perspective. In my opinion, musical form is fashioned and continuously modified during the process of aesthetic experience. It is therefore neither conceived merely as a fixed attribute of the aesthetic object nor simply as a category of perception. Based on the active, form-articulating role of aesthetic experience, my approach to musical form in Schreiben is based on three aspects: (1) the relationship between continuity and discontinuity, (2) the play with the foreground and background of sound, and (3) the way musical time is articulated. The latter corresponds to different modes of perception of musical time of which I distinguish three types: ›amorphous‹, ›pulsating‹ and ›coordinated‹. Respectively three modes of time perception are introduced, namely presence-oriented, process-oriented and relation-generating listening. A major ›problem‹ of form in Schreiben is the balancing out of tension arising from the competing aspects of continuity, discontinuity and interconnectedness. Therefore, musical form in Schreiben is perceived as changing between process-oriented, serial and structural form. The analysis reveals form as a reflexive interplay between diverse listening perspectives inherent to the composition. |
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